Frankfurt a.M., Botogá (epd). In Kolumbien sind mindestens 37 Menschen seit Beginn der jüngsten Proteste gegen die Regierung durch Polizeigewalt gestorben. Das geht aus einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Temblores ONG vom Donnerstag (Ortszeit) hervor, die Polizeigewalt dokumentiert. Mindestens 1.728 Gewalttaten durch Sicherheitskräfte seien seit dem 28. April registriert und zur Anzeige gebracht worden.
Hunderttausende Kolumbianerinnen und Kolumbianer protestieren seit Ende April gegen Maßnahmen der konservativen Regierung von Präsident Iván Duque. Auslöser war eine geplante Steuerreform, mit der Mehrausgaben durch die Corona-Krise ausgeglichen werden sollten. Gewerkschaften und soziale Bewegungen sahen vor allem die Ärmeren dadurch belastet, die Wohlhabenden jedoch nicht. Duque hat das Vorhaben inzwischen zurückgenommen, doch die Proteste gehen weiter.
Zu den durch die Menschenrechtler registrierten Gewalttagen von Polizisten innerhalb von acht Tagen gehören 934 willkürliche Festnahmen von Protestierenden, 234 Fälle physischer Gewalt mit 26 Verletzten, 341 Fälle gewalttätigen Einschreitens gegen friedliche Proteste, 98 abgefeuerte Schüsse und elf Fälle von sexueller Gewalt.
In mehreren Städten kommt es seit Beginn der Proteste zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstrantinnen und Demonstranten. Auch die Vereinten Nationen sowie zahlreiche Organisationen im In- und Ausland haben das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Proteste verurteilt.
Die Polizei wehrte sich laut der Zeitung „El Espectador“ gegen die Verwürfe. Es sei nicht sicher, dass die Todesfälle bei den Zusammenstößen von der Polizei verursacht worden seien, zitierte die Zeitung den Polizeiinspektor General Jorge Ramírez. Die Staatsanwaltschaft werde klären müssen, wer dafür verantwortlich sei.
Bereits vor der Corona-Pandemie hatte es immer wieder Demonstrationen und Proteste gegen die massive soziale Ungleichheit in dem südamerikanischen Land gegeben.