Bei der Aufhebung von Grundrechtseinschränkungen in der Corona-Pandemie für Geimpfte hat die Politik aus Sicht des Düsseldorfer Rechtswissenschaftlers Martin Morlok Entscheidungsspielräume. „Es ist aus rechtlicher Sicht kein Automatismus, die Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte aufzuheben - es ist auch eine politische Entscheidung“, sagte der emeritierte Professor für Öffentliches Recht der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstag).
Es bestehe noch immer Unsicherheit darüber, ob von Geimpften tatsächlich kein Risiko für den allgemeinen Gesundheitsschutz mehr ausgehe, erklärte der Rechtsexperte. Schätzten Politiker das Ansteckungsrisiko durch Geimpfte als sehr gering ein, müssten sie die Einschränkungen für Geimpfte aufheben. „Schätzten sie das Ansteckungsrisiko nachvollziehbar höher ein, wäre es ebenso gerechtfertigt, an den Grundrechtseinschränkungen festzuhalten“, sagte Morlok.
Sollte der Bund für Gruppen Ausnahmen etwa bei den Kontaktregeln oder der Ausgangssperre beschließen, müssten nach Worten von Morlok weitere Grundrechtseinschränkungen auf den Prüfstand gestellt werden. „Auch bei den Grundrechten auf freie Berufsausübung und auf Bildung muss dann abgewogen werden, ob Einschränkungen aufgrund des Gesundheitsschutzes weiterhin vertretbar sind“, sagte der Rechtswissenschaftler.
Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt das Ansteckungsrisiko nach einer zweiten Impfung mit dem Impfstoff von BionNTech/Pfizer bis zu 90 Prozent niedriger ein. Zugleich schränkt es ein, dass bei vollständig Geimpften die Wahrscheinlichkeit einer Corona-Infektion niedrig, aber nicht null sei.