Hamburg (epd). Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, warnt den Gesetzgeber vor einer Sterbehilfe-Regelung mit einer zentralen Rolle für Ärzte. "Ich habe Sorge, dass die Politik die Ärztinnen und Ärzte per Gesetz zu sehr in die Suizidassistenz einbinden könnte", sagte Reinhardt dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Patienten brauchten absolute Verlässlichkeit, dass es ihrem Arzt darum gehe, Leiden zu lindern. "Als Ärzte sind wir dem Leben verpflichtet", betonte Reinhardt. Die Ärzteschaft will Anfang Mai überhaupt erst entscheiden, wie sie sich in der Debatte um Suizidassistenz positioniert.
In "besonderen Ausnahmefällen" habe er Verständnis dafür, "wenn Kollegen schwerstkranken Patienten helfen, die etwa unter einer Tumorerkrankung so sehr leiden, dass sie darum bitten, unerträgliche Qualen um ein paar Monate zu verkürzen", sagte Reinhardt. Doch "die Einbindung in die organisierte Suizidhilfe" lehne er entschieden ab.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr das Verbot organisierter Hilfe bei der Selbsttötung gekippt. Im Bundestag wird nun erneut diskutiert, inwieweit der Staat diese Form der Sterbehilfe ermöglichen oder verhindern soll. Zwei Parlamentariergruppen schlagen vor, Ärzten unter bestimmten Bedingungen die Verschreibung tödlich wirkender Medikamente auch für den Suizid zu erlauben.
Die Mitwirkung am Suizid ist Ärzten in einigen Landesärztekammern durch das Standesrecht bislang untersagt. Über eine mögliche Änderung des Berufsrechts will der Ärztetag in der ersten Maiwoche beraten. "Wir sollten die Musterberufsordnung ändern, das ergibt sich aus meiner Sicht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2020", sagte Reinhardt dazu. Das zuständige Berufsordnungsgremium schlage vor, den Verbotssatz zu streichen.
Zudem plädierte Reinhardt für eine bundeseinheitliche Regelung. "Ich habe es immer als misslich empfunden, dass es bei diesem sensiblen Thema unterschiedliche Vorgaben gibt", sagt er.