Stuttgart/Berlin (epd). Nach Ansicht des Beauftragten der Bundesregierung für die weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU), haben Religionen ein hohes friedensstiftendes Potenzial. Dieses sollte in der Entwicklungszusammenarbeit noch mehr genutzt werden, sagte er am Dienstag bei einer Online-Tagung zum Thema "Religionsfreiheit von Christen aus dem Nahen Osten" der katholischen Akademie Stuttgart-Hohenheim. Für ihn sei wichtig, dass bei jedem Projekt überlegt werde, wie dabei auch das friedliche Miteinander gestärkt werden könne.
Beispielsweise gebe es im Irak sogenannte Zukunftswerkstätten, in denen Verantwortliche und Vertreter religiöser und ethnischer Minderheiten gemeinsam überlegen, wie sie ihr Land wieder aufbauen können. In der Niniveebene hätten sich interreligiöse Mediationsteams bewährt, die bei Streit um Ackerland oder anderes Eigentum vermitteln könnten.
Friedensfördernd sei auch der interreligiöse Dialog, wobei es wichtig sei, dass nach einem Gespräch zwischen den Religionen auch immer ein "intra-religiöses Gespräch" folge, indem gemäßigte Vertreter versuchen, ihre Positionen radikalen Vertretern der eigenen Religion zu vermitteln, betonte Grübel.
In vielen Ländern spielten zudem die Kirchen gesellschaftlich und entwicklungspolitisch eine wichtige Rolle, weil sie oft eine höhere Glaubwürdigkeit und einen besseren Zugang zur Bevölkerung hätten als die eigene Regierung. Außerdem sei es oft wirksamer, wenn beispielsweise ein Bischof oder Imam theologisch begründet, warum Korruption für Gläubige schlecht und verboten ist, als wenn dieses Anliegen von außen an die Bevölkerung herangebracht werde.
Auch in Deutschland gebe es Herausforderungen, was die Religionsfreiheit angehe, sagte Grübel. So sei der Sonntag als arbeitsfreier "Tag der Erbauung" immer wieder gefährdet. Diskussionen um Moscheebau, liturgisches Glockengeläut, Beschneidung von Jungen und Schächten zeigten, dass es auch hierzulande Klärungsbedarf mit Blick auf die Religionsfreiheit gebe, sagte der Bundestagsabgeordnete.