Leipzig (epd). Die Expertenkommission zur Auswahl des neuen Leipziger Thomaskantors hat Kritik des Chores an ihrer Entscheidung zurückgewiesen. Die massiven fachlichen Vorwürfe älterer Chormitglieder gegen den Kirchenmusiker Andreas Reize entsprächen "keineswegs den Tatsachen", schrieben die fünf Kommissionsmitglieder in einem Brief an Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), den die Stadtverwaltung am Dienstag veröffentlichte.
"Mit großer Sorge nehmen wir wahr, dass unsere aufwendige, vom Anfang bis zum Ende sehr gut strukturierte Arbeit diskreditiert und das Ergebnis prinzipiell infrage gestellt werden", erklärte die Kommission. Dadurch bestehe nicht zuletzt die Gefahr, dass Reize "seine Bereitschaft zur Übernahme des Amtes zurückzieht". Den Vorwurf, die Kommission habe nach politischen und Lobbyinteressen gehandelt, weise man entschieden zurück.
Der Leipziger Stadtrat hatte den 45-jährigen schweizerischen Kirchenmusiker Andreas Reize auf Empfehlung der Kommission im Dezember einstimmig als Nachfolger von Thomaskantor Gotthold Schwarz (68) bestimmt. Schwarz scheidet Ende Juni aus dem Amt, Reize soll Anfang September übernehmen.
Mehrere ältere Mitglieder des Chors hatten sich vergangene Woche in einem offenen Brief gegen Reize gewandt. Darin stellten sie unter anderem dessen musikalische und pädagogische Kompetenz infrage. Sie forderten, Leipzigs Universitätsmusikdirektor David Timm zum neuen Thomaskantor zu machen, sowie "persönliche Konsequenzen" von Chor-Geschäftsführer Emanuel Scobel. Der Thomanerchor ist einer der ältesten und bekanntesten Knabenchöre der Welt.