Köln (epd). Das Erzbistum Köln hat einen Tag nach der Veröffentlichung des Rechtsgutachtens zum Umgang mit Missbrauchsfällen weitere personelle Konsequenzen gezogen. Weihbischof Ansgar Puff werde vorläufig von seinem Dienst freigestellt, wie das Erzbistum am Freitag mitteilte. In dem Gutachten ist von einem Verstoß gegen die Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit einem Missbrauchsfall die Rede, den Puff in seiner damaligen Funktion als Hauptabteilungsleiter Seelsorge/Personal begangen haben soll.
Am Donnerstag hatte bereits ein weiterer ehemaliger Leiter dieser Hauptabteilung, der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße, wegen Pflichtverstößen seinen Amtsverzicht erklärt. Der Hamburger Generalvikar Ansgar Thim übernimmt kommissarisch die Leitung des Erzbistums Hamburg. Auch der ehemalige Kölner Generalvikar und heutige Weihbischof Dominikus Schwaderlapp war suspendiert worden. Zudem entband Erzbischof Rainer Maria Woelki auch den Kölner Offizial Günter Assenmacher vorläufig von seinen Aufgaben.
Für den Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, ist Heßes Rücktrittsangebot erst der Beginn der Aufarbeitung. Mit seiner Rücktrittserklärung habe der Erzbischof gezeigt, dass er seinen Anteil an der Verantwortung für das System übernehme, das im Erzbistum Köln sexuellen Missbrauch vertuscht habe, sagte Katsch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Heße habe aber auch deutlich gemacht, dass er sich nur so verhalten habe, wie viele andere auch. "Das zeigt, Köln ist überall", sagte Katsch.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken erklärte, nach Heßes Rücktrittsangebot an den Papst sei die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aus seiner Sicht nicht mehr gegeben. Heße war seit November 2016 Geistlicher Assistent des Zentralkomitees. Von November 2020 an hatte der Hamburger Erzbischof dieses Amt ruhen lassen.
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch sagte, die Vorgänge in Köln und die mediale Aufarbeitung dessen, was in Köln passiert ist, seien "wie ein Filter, ja eine Lupe, für das, was wir tun und wie wir es tun". Der "Handlungs-, Wahrnehmungs- und Entscheidungsdruck" sei durch die Vorgänge größer geworden, sagte Koch der "Berliner Zeitung" (Freitag).
Die Kölner Strafrechtsanwälte Björn Gercke und Kerstin Stirner hatten am Donnerstag ihr Rechtsgutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der Bistumsspitze zwischen 1975 und 2018 vorgestellt. Es belastet mehrere Bischöfe schwer. Pflichtverstöße fanden die Gutachter bei den ehemaligen Kölner Erzbischöfen Kardinal Joseph Höffner und Kardinal Joachim Meisner. Kardinal Woelki soll laut Gutachten keine Verstöße begangen haben.
Die Bewegung "Wir sind Kirche" erklärte, das Gutachten habe "in den schlecht geführten und sehr lückenhaften Akten zwar keine strafrechtlich relevante Pflichtverletzung" bei Woelki erkennen können. "Als nach Kirchenrecht Letztverantwortlicher in seinem Bistum kann er sich jedoch nicht als unbeteiligt bezeichnen, denn im mildesten Fall hat er in seinem Amt wichtige Pflichten versäumt."
Woelki kündigte unterdessen die Berufung einer unabhängigen Kommission zur weiteren Aufklärung der Fälle sexualisierter Gewalt in seinem Erzbistum an. Hierüber sei man im Gespräch mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und der nordrhein-westfälischen Landesregierung, sagte er am Donnerstag in den "Tagesthemen" der ARD.
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