Berlin (epd). Die Bundesregierung hat sich im jahrelangen Streit mit Energiekonzernen über Entschädigungen für den Ausstieg aus der Atomkraft geeinigt. Wie das Bundesumweltministerium am Freitag mitteilte, wird Deutschland den Unternehmen einen Ausgleich in Höhe von insgesamt gut 2,4 Milliarden Euro zahlen. Nach Aussage der Bundesregierung hätte es auch viel teurer kommen können. Sie ist deshalb zufrieden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) findet den Preis dennoch zu hoch.
Die Einigung steht einem Sprecher zufolge noch unter dem Vorbehalt, dass die entscheidenden Gremien der Unternehmen und die EU-Kommission zustimmen. Den Angaben zufolge sollen rund 1,4 Milliarden Euro an Vattenfall gezahlt werden, 880 Millionen Euro an RWE, 80 Millionen Euro an EnBW und 42,5 Millionen Euro an E.ON/PreussenElektra.
Ausgeglichen werden damit den Angaben zufolge Reststrommengen, die die Unternehmen nicht mehr in konzerneigenen Anlagen erzeugen können. Gezahlt wird auch für das Hin und Her beim Atomausstieg in den Jahren 2010 und 2011. Die damalige schwarz-gelbe Koalition hatte zunächst eine Laufzeitverlängerung beschlossen, diese dann aber 2011 nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima zurückgenommen. Die Unternehmen machten eine Entwertung ihrer auf Grundlage der Verlängerung getroffenen Investitionen geltend.
Der Rechtsstreit um diese Ausgleichszahlungen ging bis vor das Bundesverfassungsgericht. Nach Angaben des Sprechers des Umweltministeriums hatte die Bundesregierung zunächst einen höheren dreistelligen Millionenbetrag angeboten und eine entsprechende gesetzliche Grundlage geplant. Das habe dem Bundesverfassungsgericht in der Form nicht gereicht, erläuterte er.
Durch weitere Gerichtsverfahren habe zuletzt eine Entschädigungssumme in Höhe von sechs bis sieben Milliarden Euro im Raum gestanden, sagte der Sprecher. Er wertete die nun erfolgte Einigung daher als Erfolg für die Bundesregierung. Mit beteiligt an der Einigung waren auch das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl sprach von "unverschämt viel Geld" für die Konzerne. Dennoch seien die Steuerzahler angesichts der horrenden Forderungen von Vattenfall vor einem Schiedsgericht in Washington "eventuell noch glimpflich davongekommen". Das Agieren der Unternehmen offenbare allerdings ein "moralisch höchst fragwürdiges Geschäftsgebaren", sagte die Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Bundestag.
Der BUND-Vorsitzende Olaf Brandt erklärte, zwar habe die Frage der Ausgleichszahlungen endlich ein Ende gefunden, "aber zu einem viel zu hohen Preis". Die Entschädigung liege über den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts, vermutete er.
Eine Alternative zu finanziellen Entschädigungen wäre gewesen, die Atomkraftwerke doch länger am Netz zu lassen, sagte der Sprecher des Umweltministeriums. Längere Laufzeiten seien für die Bundesregierung aber nie infrage gekommen, ergänzte er.