Bonn, Brüssel (epd). Das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerer (EBCO) beklagt einen mangelnden Schutz für Kriegsdienstverweigerer. Auch im vergangenen Jahr hätten viele Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen in mehreren Ländern keinen sicheren Zufluchtsort gefunden, erklärte EBCO-Präsidentin Alexia Tsouni am Mittwoch in einer Mitteilung der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK). In einem in Brüssel veröffentlichten Jahresbericht verweist EBCO darauf, dass Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen "strafrechtlich verfolgt, verhaftet, vor Gericht gestellt, inhaftiert, mit Geldstrafen, Einschüchterungen, Angriffen, Morddrohungen und Diskriminierung belegt" werden.
Zu den Ländern, in denen Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen verfolgt würden, zähle die Türkei, der einzige Staat im Europarat, der das Recht auf Kriegsdienstverweigerung noch nicht anerkannt habe, erklärte EBCO. Darüber hinaus zähle auch der von der Türkei besetzte nördliche Teil Zyperns dazu sowie Aserbaidschan, Armenien, Russland, die Ukraine und Griechenland.
Besorgt äußert sich EBCO, dass das Thema der fortbestehenden Verletzung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung von der Tagesordnung der EU zu verschwinden drohe. So erwähne zum Beispiel der im Geschäftsbereich des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments erstellte jährliche Bericht über Menschenrechte und Demokratie in der Welt dieses Thema durchgängig nicht.
Dabei habe die EU-Leitlinien zur Religions- und Glaubensfreiheit, die das das Recht auf Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen explizit benennen und einfordern, kritisiert Maike Rolf, die die Evangelische Arbeitsgemeinschaft in EBCO vertritt. "Und dies geschieht, obwohl weiterhin in 18 Mitgliedsstaaten des Europarats eine Wehrpflicht bestehe und in einigen dieser Staaten die Wehrpflicht erst kürzlich wieder eingeführt wurde, so 2017 in Georgien, 2018 in Schweden, 2015 in Litauen und 2014 in der Ukraine", betonte die EAK-Referentin.
In seinem Jahresbericht 2020 kritisiert das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerer auch, dass Flüchtlingen, die aufgrund ihrer Kriegsdienstverweigerung ihre Heimat verlassen mussten, kein internationaler Schutz gewährt werde. Beispielsweise sei im vergangenen Jahr in Belgien ein Antrag eines Flüchtlings aus Aserbaidschan abgelehnt worden. EBCO kritisierte zudem, dass immer noch viele Staaten, darunter Deutschland, auch Minderjährige in ihre Armeen aufnehmen, obwohl dies gegen die Konvention über die Rechte des Kindes verstößt.
EBCO wurde 1979 in Brüssel als Dachverband für nationale Verbände von Kriegsdienstverweigerern in Europa mit dem Ziel gegründet, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Menschenrecht zu fördern.