Frankfurt a.M., Nairobi (epd). Die äthiopische Armee hat nach Angaben von Menschenrechtlern beim Beschuss von Städten in der Krisenregion Tigray Dutzende Menschen getötet. Die Organisation "Human Rights Watch" teilte am Donnerstag in Nairobi mit, mindestens 83 Menschen seien bei Angriffen auf die Städte Mekelle, Humera und Shire seit dem Beginn der Kämpfe im November ums Leben gekommen, mehr als 300 seien verletzt worden. Der wahllose Beschuss von Krankenhäusern, Schulen und Märkten sei eine Verletzung des Kriegsrechts.
"Human Rights Watch" stützt sich auf die Befragung von knapp 50 Augenzeugen, Journalisten und humanitären Helfern aus Tigray. Weil die Region in Nordäthiopien für Hilfsorganisationen, Beobachter und Journalisten fast unzugänglich ist, gab es bisher kaum unabhängige Berichte über die Lage. Oppositionelle aus Tigray hatten Anfang Februar erklärt, in dem Konflikt seien bisher mehr als 52.000 Menschen getötet worden. Das Völkerrecht verbietet Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Beschießungen, bei denen kein Unterschied zwischen zivilen und militärischen Zielen gemacht wird.
Die äthiopische Zentralregierung in Addis Abeba unter Ministerpräsident Abiy Ahmed liefert sich rund drei Monaten blutige Kämpfe mit der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die bisher in der Region im Norden des Landes an der Macht war. Der Machtkampf eskalierte wegen Wahlen für das Regionalparlament, die die TPLF entgegen der Anordnung der Zentralregierung organisiert hatte.
Nach monatelangen Verzögerungen erlaubte die Zentralregierung laut einem UN-Sprecher am Montag mehreren UN-Mitarbeitern die Reise in die Konfliktregion. Zuvor hatten Hilfsorganisationen immer wieder Zugang gefordert. UN-Schätzungen zufolge sind zwischen 2,5 und 3 Millionen Menschen in Tigray auf Lebensmittelnothilfe angewiesen, mehr als 60.000 Menschen flüchteten ins Nachbarland Sudan.