Frankfurt a.M., Yangon (epd). Am Tag nach dem Militärputsch herrscht nach Beobachtung des Landesdirektors der Welthungerhilfe gespannte Ruhe in Myanmar. In Yangon, der früheren Hauptstadt des südasiatischen Landes, gehe der Alltag unter Corona-Bedingungen normal weiter, berichtete Mike Bratzke am Dienstag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Lediglich an der verschärften Ausgangssperre abends sei eine Veränderung spürbar.
"Wenn man es nicht wüsste, würde man es von hier aus gar nicht mitbekommen", sagte der deutsche Helfer über die Machtübernahme des Militärs, bei der am Montag zahlreiche Regierungspolitiker festgesetzt wurden, darunter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Über seine Kontakte habe er nur von einer Demonstration erfahren, bei der mehrere Hundert Anhänger des Militärs ihre Unterstützung für das Vorgehen der Armee bekundet hätten, erklärte Bratzke.
"Da ist jetzt erst einmal so etwas wie eine Ungläubigkeit", sagte er. "Man dachte, man hätte das hinter sich gelassen." Myanmar, das einstige Birma, stand jahrzehntelang unter Militärdiktatur. Erst vor zehn Jahren begann eine politische Öffnung, die zu gewählten Regierungen führte. Das Militär sicherte sich jedoch eine Schlüsselstellung in der Politik. "Das ist der Augenblick, wo man sich sammeln muss, um zu verarbeiten, was da gerade passiert ist", erklärte Bratzke.
Abzuwarten bleibe nun auch, ob der Putsch die Arbeit der Welthungerhilfe und ihrer Partner beeinflusst. Die Hilfsorganisation hat in Myanmar Projekte zu humanitärer Hilfe, Nahrungsmittel- und Ernährungssicherung sowie im Bereich Förderung der nationalen Zivilgesellschaft und kümmert sich auch um Binnenvertriebene in dem Vielvölkerstaat. Die große Frage sei: "Setzen die Militärherrscher neue Prioritäten?", sagte Bratzke. Er rechnet aber bereits damit, dass bei den besonders verletzlichen und ohnehin schon abgehängten Gruppen und Menschen in Konfliktregionen der Bedarf am meisten steigen wird.