Frankfurt a.M., Naypyidaw (epd). Einen Tag nach dem Militärputsch in Myanmar hat die gestürzte Regierungspartei "Nationale Liga für Demokratie" (NLD) die Freilassung von De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und weiterer ranghoher Mitglieder verlangt. "Die Machtübernahme des Oberbefehlshabers wenige Stunden vor Einberufung des neuen Parlaments verstößt gegen die Verfassung und ignoriert die Souveränität des Volkes", heißt es in der Erklärung der Partei vom Dienstag, die vom Magazin "Irrawaddy" (Online) veröffentlicht wurde. Auch international wuchs der Druck auf das Militär. Die USA drohten mit Sanktionen.
"Die Vereinigten Staaten werden sich für die Demokratie einsetzen, wo immer sie unter Beschuss steht", erklärte US-Präsident Joe Biden. Er forderte die Militärs in Myanmar auf, die Macht abzugeben, alle Aktivisten und Funktionsträger freizulassen und keine Gewalt gegen Zivilisten auszuüben. Der Weltsicherheitsrat in New York wollte sich im Lauf des Dienstags in nichtöffentlicher Sitzung mit der Situation in Myanmar befassen.
Das südostasiatische Land stand jahrzehntelang unter Militärdiktatur. Erst vor zehn Jahren begann eine politische Öffnung, die zu gewählten zivilen Regierungen führte. Das Militär sicherte sich jedoch eine Schlüsselstellung in der Politik. Bis zum späten Abend (Ortszeit) sei die Lage im Land ruhig geblieben, berichtete die Zeitung "Myanmar Times" am Dienstag. Internet- und Mobilfunkdienste seien zumeist wieder hergestellt. Tagsüber hatten sich vor Lebensmittelläden und auf Märkten lange Schlangen gebildet. Menschenrechtler fordern nach dem Putsch ein globales Waffenembargo gegen das südostasiatische Land. Die "Gesellschaft für bedrohte Völker" appellierte an die EU, gezielte Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, die von der Armee kontrolliert werden. Myanmars Militär habe in den mehr als 50 Jahren seiner Herrschaft ein Wirtschaftsimperium geschaffen, das Brauereien, Banken, Hotels, Häfen, Tabakfirmen, Textilunternehmen, Immobilien sowie Firmen zur Förderung von Jade, Rubinen, Saphiren und Kupfer umfasse.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) äußerte die Befürchtung, dass der Militärputsch die ohnehin dramatische Situation der muslimischen Minderheit der Rohingya weiter verschärfen wird. Rund eine Million Rohingya sind vor der Gewalt des Militärs seit 2017 aus Myanmar nach Bangladesch geflohen. Eine Perspektive für eine sichere Rückkehr werde jetzt noch schwieriger, warnte Müller. Deutschland hat die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Myanmar bereits 2020 eingestellt. Flüchtlinge in Bangladesch werden dagegen unterstützt.
Am Montag hatte das Militär die Macht in Myanmar übernommen und zahlreiche Regierungspolitiker festgesetzt, darunter Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi. Das Militär verhängte für ein Jahr den Ausnahmezustand. Die Armee begründeten die Machtübernahme am Montag mit angeblichem Wahlbetrug, ohne dafür Beweise vorzulegen. Die Parlamentswahlen vom 8. November hatte Suu Kyis NLD klar gewonnen. Die Partei der Militärs, die USDP, unterlag. Die Militärführung kündigte an, für ein Jahr an der Macht zu bleiben, danach soll es Neuwahlen geben. Zum Übergangspräsidenten ernannte die Armee den Ex-Offizier und Vizepräsidenten Myint Swe.