Missbrauch: Gutachten bescheinigt Erzbistum Berlin Versäumnisse

Missbrauch: Gutachten bescheinigt Erzbistum Berlin Versäumnisse

Berlin (epd). Ein am Freitag vorgestelltes Gutachten bescheinigt dem Erzbistum Berlin schwere Versäumnisse bei der Verfolgung und Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in den eigenen Reihen. Die ganze Organisationsstruktur des Erzbischöflichen Ordinariats bedürfe einer gründlichen Überprüfung durch externe Berater, sagte der Berliner Rechtsanwalt Peter-Andreas Brand von der Kanzlei Redeker Sellner Dahs als einer der Verfasser der Analyse. Das 669 Seiten umfassende Gutachten war vom Erzbistum selbst in Auftrag gegeben worden. Dafür hatte es seine Akten zur Verfügung gestellt.

Laut Brand sind die hierarchischen Strukturen des Ordinariats der Hemmschuh für eine tiefgreifende Aufklärung von Straftaten sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen durch Priester und andere kirchliche Mitarbeiter. Es gebe zahlreiche Unklarheiten über Verantwortlichkeiten und keine klare Kompetenzverteilung. Dies führe zu einer "systematischen Verantwortungslosigkeit". Ein großes Manko für eine umfassende Aufklärung seien auch die existierenden Geheimarchive.

Laut Co-Gutachterin Sabine Wildfeuer wurden zwischen 1946 und 2019 aus den vorhandenen Akten 61 Beschuldigte identifiziert. 37 der Beschuldigten seien bereits verstorben, 18 befänden sich im Ruhestand. In 49 Fällen handele es sich um sexuellen Missbrauch von Minderjährigen, in fünf Fällen um eine sogenannte Grenzüberschreitung, in einem Fall um Kinderpornografie. Drei Fälle könnten nicht eindeutig zugeordnet werden. Das sei aber nur eine "Momentaufnahme aus den Akten", sagte die Rechtsanwältin: "Wir gehen von einer erheblichen Dunkelziffer aus."