Stuttgart (epd). Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will sich für die Aufnahme eines weiteren Kontingents von aus IS-Gewalt befreiten jesidischen Mädchen und Frauen einsetzen. Nach einem Gespräch mit der Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad am Mittwoch sei ihm nochmals klargeworden, wie dramatisch die Lage in Syrien und dem Irak nach wie vor sei, teilte das Staatsministerium am Donnerstag mit. So befänden sich beispielsweise noch immer Hunderte junge Frauen in der Gewalt des "Islamischen Staates".
Viele der mehr als 300.000 Jesiden kehrten derzeit aus den Flüchtlingslagern in der Provinz Dohuk in der Autonomen Region Kurdistan-Irak in ihre Heimatorte zurück. Man wolle sie "bestmöglich unterstützen", sagte Kretschmann. "Aber auch hier bei uns, wo momentan die ersten Prozesse gegen mutmaßliche IS-Anhänger laufen, wollen wir den Überlebenden weiter beistehen", sagte er.
Sinjar im Nordirak war vor 2014 das kulturelle Zentrum der Jesiden. Dort engagiert sich auch die von Murad gegründete Hilfsorganisation "Nadia's Initiative". Sie setzt sich für jesidische Überlebende von Völkermord und sexueller Gewalt ein und arbeitet mit am Wiederaufbau des Sinjar durch Projekte, die sich auf Bildung, Gesundheit, sauberes Wasser sowie die Unterstützung von Frauen bei der Existenzsicherung konzentrieren.
Die 1993 geborene Jesidin Nadia Murad hatte 2014 engste Familienmitglieder, auch ihre Mutter, durch Morde der Terrormiliz IS verloren. Sie selbst wurde entführt und versklavt. Nachdem ihr die Flucht gelang, kam sie 2015 in ein erstes Sonderkontingent Baden-Württembergs, das besonders schutzbedürftige und traumatisierte Frauen und Kinder aus dem Nordirak holte. Seit Ende 2016 ist sie die erste Sonderbotschafterin für die Würde der Überlebenden von Menschenhandel der Vereinten Nationen. 2018 wurde sie für ihr Engagement gegen sexuelle Gewalt als Waffe in Kriegen gemeinsam mit dem Arzt Denis Mukwege mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.