Frankfurt a.M. (epd). Der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume hat Parteien davor gewarnt, sich auf Bündnisse mit Verschwörungsbewegungen einzulassen. "Keine Partei sollte sich mit Verschwörungsbewegungen verbinden", sagte Blume, der auch Experte für Verschwörungsmythen ist, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir sehen das auch in den USA. Wenn sich eine Verschwörungsbewegung immer weiter radikalisiert, dann wendet sie sich am Ende auch gegen ihre eigenen Verbündeten, etwa gegen die Republikaner." Am Mittwoch hätten Eindringlinge, die die Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus im US-Kapitol stören wollten, gefordert, Vize-Präsident Mike Pence zu hängen, der Donald Trump jahrelang treu gedient hat und zum christlich-evangelikalen Flügel der US-Politik gehört.
Trump-Anhänger waren am Mittwoch in das Kapitol eingedrungen, wo die Abgeordneten des Repräsentantenhauses und des Senats in einer gemeinsamen Sitzung den Wahlsieg von Joe Biden bei der US-Präsidentschaftswahl von Anfang November bestätigen sollten. Die Sitzung wurde für mehrere Stunden unterbrochen. Nach Medienberichten kamen bei der Erstürmung vier Menschen ums Leben.
Unter den Aufrührern waren auch Anhänger der QAnon-Bewegung - einer weltweiten Verschwörungsbewegung, die auch Verbindungen in die deutsche "Querdenker"-Szene hat. Blume sieht darin eine Gefahr zur Radikalisierung einzelner Gewalttäter. Er sehe für die deutsche Demokratie zwar keine Gefahr, da die Bundesrepublik stabil sei. "Aber ich sehe die Gefahr, dass sich einzelne bis zur Gewaltbereitschaft radikalisieren. Leider müssen wir daher mit Gewalttaten auch in Deutschland rechnen", sagte Blume.
Im Grundsatz hätten alle Demokratien gerade weltweit mit Verschwörungsmythen zu kämpfen. Auf der einen Seite sei es ein globales Phänomen, das durch die sozialen Medien weiter verbreitet werde, auf der anderen Seite würden diese Ideologien auf das jeweilige lokale Geschehen übertragen. "Umso länger Menschen in Verschwörungsbewegungen dabei sind, desto mehr radikalisieren sie sich. Sie verlieren den Zugang zur Realität", sagte Blume.
Wer sich und andere schützen wolle, müsse erst einmal verstehen, dass es sich um Verschwörungsmythen handele, die sich wissenschaftlicher Argumenten entzögen. "Es geht nicht um Verschwörungstheorien, sondern um Verschwörungsmythen - um die Frage, wie nehme ich die Welt und meine Mitmenschen wahr. Es geht um Gefühle, um Ängste, um Hoffnungen", sagte Blume.