Osnabrück (epd). Mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden wird die Welt nach einer Prognose des Friedensforschungsinstituts Sipri in Stockholm nicht automatisch sicherer. "Joe Biden dürfte versuchen, die USA wieder zu einer Schutzmacht für die internationale Ordnung zu machen, aber die Bedingungen dafür sind schwierig, ob er Erfolg haben wird, ist fraglich", sagte Sipri-Direktor Dan Smith der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). So sei er nicht sehr optimistisch, was die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran angehe.
Die Hoffnungen, die viele Europäer in den neuen US-Präsidenten setzen, hält Smith aber für zum Teil berechtigt. "Joe Biden wird niemand sein, der bei Nato-Treffen andere Teilnehmer beiseite schubst, um wie Donald Trump in der ersten Reihe zu stehen." Aber er werde die Europäer durchaus auffordern, einen angemessenen Beitrag für die eigene Verteidigung beizusteuern, "da sollte man sich keiner Illusion hingeben".
Der Druck auf die Europäer sei bereits unter Obama gewachsen, führte Smith aus. "Es wäre ein Trugschluss, zu glauben, mit Biden gibt es eine Rückkehr in die gute alte Zeit, in der die Amerikaner den Europäern in Sicherheitsfragen alles abnehmen."
Gleichwohl empfiehlt Smith als Friedensforscher den Europäern keine Aufrüstung. "Es geht darum, dass die Europäer unabhängiger denken müssen, sich in gewisser Weise frei machen müssen von den USA, wenn es um die eigene Sicherheit und die Sicherheit dieses Teils auf dem Kontinent geht. Das bedeutet vor allem mehr und besser abgestimmte europäische Kooperation. Auch mit Blick auf Russland - das würde sicher positive Entwicklungen nach sich ziehen."
Grundsätzlich geht Sicherheitspolitik Smith zufolge heute weit über Verteidigung und Rüstungskontrolle hinaus. "Abgesehen von den Krisenherden in der alltäglichen Politik haben der Klimawandel und mögliche Pandemien eine sicherheitspolitische Komponente."
Die Weltgemeinschaft müsse möglichst schnell gegensteuern und eine größere Widerstandsfähigkeit gegen die Folgen der Erderwärmung und mögliche Pandemien entwickeln. Das gehe nur mit mehr und effektiverer internationaler Kooperation. Smith setzt darauf, dass Biden anders als Trump internationale Organisationen stärkt.