Minister Wöller: Rechtsextremisten sind anschlussfähig geworden

Minister Wöller: Rechtsextremisten sind anschlussfähig geworden
27.12.2020
epd
epd-Gespräch: Katharina Rögner

Dresden (epd). Der Rechtsextremismus in Sachsen ist laut Innenminister Roland Wöller (CDU) spürbar in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Der rechtsextremistischen Szene sei es gelungen, die Anschlussfähigkeit an die Bürger herzustellen, sagte Wöller dem Evangelischen Pressedienst (epd). Oft würden Mitglieder der Szene "als Kümmerer und Volksversteher auftreten" und der Gesellschaft das Gefühl vermitteln, die Regierung habe sie im Stich gelassen.

"Diese Anschlussfähigkeit hat sich verstärkt", betonte Wöller. Die Ursachen für den wachsenden Rechtsextremismus in Sachsen seien aber vielfältig. Der Szene sei es auch gelungen, zweitweise inaktivere Gruppen zu reaktivieren. Zudem sei die Zahl rechtsextremer Großveranstaltungen wie Konzerte, Festivals, Kampfsportevents oder Liederabende gestiegen. "Da ist also durchaus ein Geschäftsmodell entstanden, das Zulauf erfährt", sagte der Innenminister.

Nicht zuletzt ermöglichten die sozialen Medien zuvor eher abgeschotteten Kreisen, umfassend und sehr schnell ihre Klientel zu erreichen. Über die Netzwerke werde mobilisiert, aber auch Hass und Hetz verbreitet. Die Hemmschwelle sei dabei deutlich gesunken.

Auch in der sächsischen Polizei gibt es offenbar rechtsextremistische Umtriebe: Laut Wöller wurden 37 Verdachtsfälle seit 2014 bekannt. Auch bei diesen Fällen hätten die neuen Medien ihre Spuren hinterlassen. "Es ist nicht mehr so einfach, rechtsextreme Umtriebe und rechtsextreme Äußerungen unter der Decke zu halten, was gut ist", sagte der Innenminister. Es falle den Kollegen bei der Polizei, aber auch der Öffentlichkeit auf.

"Jeder, der sich antisemitisch, rassistisch oder fremdenfeindlich äußert oder tätig ist, muss wissen, dass er im Staatsdienst und der sächsischen Polizei nichts zu suchen hat", sagte Wöller. Sachsen gehe konsequent gegen rechtsextreme Umtriebe bei der Polizei vor. Laut Wöller drohen disziplinarrechtliche Verfahren bis hin zur Entfernung aus dem Dienst.

"Es sind keine Einzelfälle, weil jeder Fall geeignet ist, das Vertrauen zu untergraben", sagte der CDU-Politiker, "aber ich würde nicht so weit gehen zu sagen, die Sicherheitsbehörden haben ein strukturelles Problem oder ein flächendeckendes Problem mit Rassismus." Das sei "ganz und gar nicht der Fall". Die übergroße Mehrheit verhalte sich gesetzestreu und verlässlich.