Hannover (epd). Beim gemeinsamen Singen zu Weihnachten rät der Musik-Mediziner Eckart Altenmüller angesichts der Corona-Pandemie zu äußerster Vorsicht. Schwebeteilchen in der Luft, über die Coronaviren übertragen werden können, würden beim Singen noch sehr viel stärker ausgestoßen als beim Sprechen, mahnte der Medizin-Professor aus Hannover im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir müssen an Weihnachten aufpassen."
Die Forschung habe inzwischen herausgefunden, dass nicht alle Aerosole gleichermaßen gefährlich seien, erläuterte der Wissenschaftler. Ganz kleine Aerosole enthielten wahrscheinlich ein zu geringe Virenlast, ganz große Aerosole sänken sehr schnell zu Boden. "Vermutlich ist es so, dass Superspreader mittelgroße Aerosole ausstoßen, eine ungünstige Anatomie aufweisen und eine hohe Viruslast in den Atemwegen haben", sagte Altenmüller.
Wer welche Aerosole produziere, hänge vom jeweiligen Körperbau ab, erklärte Altenmüller, der an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover lehrt. "Wir haben auch gelernt, dass Profi-Sänger weniger gefährlich sind, weil sie weniger Aerosole produzieren als Amateure." Aerosole können laut Altenmüller je nach Luftströmung sehr weit fliegen. "Das kann man sich so vorstellen wie beim Zigarettenrauch." Dieser sei auch in 20 Metern Entfernung noch zu riechen.
Gefährlich sei gemeinsames Singen in geschlossenen öffentlichen Gebäuden, wo sich Menschen aus verschiedenen Familien mischten, sagte der Mediziner. Deshalb sei Singen in Kirchen derzeit verboten. Unter freiem Himmel sei Singen dagegen möglich - "wenn der Abstand eingehalten wird und ein Luftzug da ist. Aber da müssen Sie sich warm anziehen." Möglich sei auch das Singen zu Hause in der Familie, wenn Abstände eingehalten würden und zwischendurch gründlich gelüftet werde.
"Man kann einigermaßen unbesorgt singen, wenn man es schafft, dabei eine Maske zu tragen", erläuterte der Professor. "Die FFP2-Maske hält 90 bis 95 Prozent der Aerosole zurück. Aber das ist natürlich kein richtiger Spaß." Alltagsmasken filterten immerhin noch 70 bis 90 Prozent der Aerosole heraus.
Chöre müssen sich laut Altenmüller noch gedulden. Gemeinsames Singen im Chor sei zu riskant. Frühestens im Frühjahr werde es wieder möglich sein: "Hoffentlich schon zu Ostern."