Kölner Erzbischof soll Missbrauchsfall nicht nach Rom gemeldet haben

Kölner Erzbischof soll Missbrauchsfall nicht nach Rom gemeldet haben
Erzbistum Paderborn prüft kirchenrechtliche Ermittlungen
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki gerät wegen einer möglichen Vertuschung eines Falls von sexuellem Missbrauch durch einen Priester unter Druck. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller fordert Woelkis Rücktritt.

Köln (epd). Der Kölner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, hat nach Recherchen des "Kölner Stadt-Anzeigers" Fehler im Umgang mit einem Fall sexualisierter Gewalt gemacht. Wie die Zeitung berichtet, soll Woelki als Erzbischof im Jahr 2015 einen Fall schweren sexuellen Missbrauchs an einem Jungen durch einen Düsseldorfer Priester pflichtwidrig nicht an den Vatikan gemeldet haben. Betroffen von den Vorwürfen sei auch Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner (1933-2017). Das Bistum Münster prüft kirchenrechtliche Ermittlungen gegen den Kardinal, teilte es am Donnerstag mit.

Als dienstältester Bischof der Kirchenprovinz Köln sei der Münsteraner Bischof Felix Genn zur einer solchen kirchenrechtlichen Untersuchung verpflichtet, wenn er Meldung darüber erhalte, dass der Erzbischof es unterlassen hat, zivile oder kirchenrechtliche Untersuchungen gegen einen Kleriker auzunehmen, dem sexueller Missbrauch vorgeworfen wird, teilte das Bistum Münster mit. Hintergrund ist das 2019 von Papst Franziskus veröffentlichte Apostolische Schreiben "Ihr seid das Licht der Welt". Darin hatte das Kirchenoberhaupt unter anderem eine Meldepflicht für Missbrauchsfälle angeordnet und auch die Vertuschung von sexuellem Missbrauch als Straftat definiert.

Er gehe davon aus, dass die erhobenen Vorwürfe gegen ihn und der konkrete Fall Teil der aktuellen Unabhängigen Untersuchung seien, die das Erzbistum beauftragt hat, erklärte Woelki in einer am Donnerstag vom Erzbistum veröffentlichten Stellungnahme. "Sollte ich im konkreten Fall Fehler gemacht haben, werden diese klar benannt und ich werde danach handeln", sagte der Erzbischof.

Die Tat selbst datiert laut "Kölner Stadt-Anzeiger" in die späten 1970er Jahre. Das Opfer sei ein Junge im Kindergartenalter gewesen. Das Opfer habe den Missbrauch 2010 beim Erzbistum Köln angezeigt. Nach einer Prüfung habe das Erzbistum ihm eine Summe von 15.000 Euro gezahlt.

Das Erzbistum erklärte am Donnerstag, der beschuldigte Pfarrer sei aufgrund seines Gesundheitszustandes damals nicht vernehmungsfähig gewesen. Das habe die kanonische Voruntersuchung verhindert, da der potenziell Betroffene ausdrücklich nicht an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken wollte und andere Möglichkeiten zur Aufklärung, beispielsweise Zeugen, nicht vorhanden gewesen seien.

Woelki kannte den 2017 in Düsseldorf gestorbenen Theologen laut "Stadt-Anzeiger" seit seiner Ausbildungszeit zum Priester. In den Jahren 1983/84 sei er als Praktikant und Diakon in dessen Pfarrgemeinde tätig gewesen. Danach sei er dem Priester über Jahrzehnte eng verbunden geblieben.

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller forderte in der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag) den Rücktritt des Erzbischofs. Damit würde der Kardinal sich "sehr peinliche Befragungen ersparen, die kirchenrechtlich zwangsläufig jetzt erfolgen", sagte er.

Woelki steht derzeit in der Kritik, weil das Erzbistum ein erstes Gutachtens zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch durch Kleriker nicht veröffentlicht hatte. Nach Angaben des Erzbischofs erfüllt das Gutachten einer Münchener Anwaltkanzlei nicht die Anforderungen an eine unabhängige Untersuchung. Ein neues Gutachten wurde in Auftrag gegeben, das im März vorliegen soll. Ende November hatte Woelki angekündigt, dass die Öffentlichkeit Einblick in das erste umstrittene Gutachten erhalten solle.

epd lwd/kfr/hei fu