Verfassungsschutz warnt vor Gewaltbereitschaft bei "Querdenkern"

Verfassungsschutz warnt vor Gewaltbereitschaft bei "Querdenkern"
Bei den "Querdenkern" sinke die Hemmschwelle, Gewalt anzuwenden, warnt der Verfassungsschutz. In NRW wird jeder zehnte der Demo-Teilnehmer als extremistisch eingestuft. Einem Bericht zufolge plant die Bewegung möglicherweise Autobahn-Blockaden.

Berlin (epd). Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt einem Medienbericht zufolge vor einer "Steigerung in der Bereitschaft zur Gewaltanwendung" bei der "Querdenken"-Bewegung. Darauf ließen Anfeindungen, aber auch Angriffe gegen Polizeikräfte und Medienvertreter bei Großveranstaltungen schließen, heißt es in einer Stellungnahme des Kölner Bundesamts für die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). In Nordrhein-Westfalen sind nach Einschätzung des dortigen Verfassungsschutzes etwa zehn Prozent der Teilnehmer von "Querdenker"-Demonstrationen bekannte Rechtsextremisten oder Reichsbürger. Das Nachrichtenportal t-online berichtete, der Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt (BKA) prüften Hinweise auf eine mögliche Blockadeaktion von Autobahnen in Deutschland durch "Querdenker" und deren Umfeld.

Die Funke-Zeitungen zitieren aus der Stellungnahme des Bundesamts, insbesondere bei Demonstrationen mit einer hohen Teilnehmerzahl sei zu beobachten, dass auch rechtsextremistische Gruppen oder Parteien zur Teilnahme aufriefen. "Einen prägenden Charakter hat dies jedoch bisher (noch) nicht erreicht", heißt es. Dennoch wohne den teilnehmerstarken Versammlungen "ein erhöhtes Eskalationspotenzial inne". Grundsätzlich sei festzuhalten, dass Versammlungen mit geringerer Teilnehmerzahl überwiegend friedlich verliefen.

Das NRW-Innenministerium teilte dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit, das öffentliche Interesse für den Corona-Protest schaffe "für die teilnehmenden Rechtsextremisten die Möglichkeit, durch gezielte und gut wahrnehmbare Provokationen eine breite Öffentlichkeitswirkung zu erreichen". Über den Anteil von Extremisten an den Demonstrationen in NRW hatte zunächst die in Bielefeld erscheinende "Neue Westfälische" (Donnerstag) berichtet.

In Nordrhein-Westfalen gab es laut Innenministerium bisher rund 400 "Querdenker"-Versammlungen. Rechtsextremisten und Reichsbürger wiesen auf eigenen Plattformen auf entsprechende Veranstaltungen hin. Sie mischten sich unter die Protestierenden, suchten Gesprächskontakte und transportierten rechtsextremistische und verschwörungstheoretische Inhalte. "Über die verbindende Ablehnung der Corona-Schutzmaßnahmen wird versucht, verfassungsfeindliche Themen salonfähig zu machen, als vorgeblich Verbündete von 'Querdenken' die anderen Demonstrationsteilnehmer gezielt zu beeinflussen", erklärte das Ministerium. Es bestehe die Gefahr, dass Rechtsextremisten die Corona-Proteste instrumentalisierten, um ihre eigenen Ziele durchzusetzen.

Laut t-online gibt es seit Montag auf dem Messengerdienst Telegram aus "Querdenken"-Kreisen eine Ankündigung für einen Aktionstag, an dem mit Großfahrzeugen neuralgische Knotenpunkte lahmgelegt werden sollen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat dem Portal zufolge registriert, dass Aufrufe auch über Kanäle verbreitet würden, die zum Teil über eine große Reichweite verfügen. Der Verfassungsschutz könne aber noch nicht belastbar einschätzen, inwieweit diese Mobilisierung erfolgreich sein werde und ob sich Extremisten an derartigen Aktionen beteiligten.

Am Donnerstag und Freitag wollen die Innenminister von Bund und Ländern auf einer Konferenz in Berlin unter anderem über den Umgang mit den "Querdenkern" beraten. In Baden-Württemberg wird der Landesverfassungsschutz künftig die Bewegung "Querdenken 711" beobachten, wie Landesinnenminister Thomas Strobel (CDU) am Mittwoch angekündigte hatte.

epd fu/mih/lwd ug