Frankfurt a.M., Caracas (epd). In Venezuela finden am Sonntag Parlamentswahlen statt. Allerdings boykottiert ein Großteil der Opposition die Abstimmung. Oppositionsführer Juan Guaidó rief die rund 20 Millionen Wählerinnen und Wähler auf, zu Hause zu bleiben. "Diese Wahl ist eine Farce, sie ist Betrug", sagt er. Die Opposition ist jedoch tief gespalten. Mehrere große Oppositionsparteien haben das Bündnis aufgekündigt und eigene Kandidaten für die Wahl aufgestellt.
Teile der Opposition kritisieren, dass die Strategie des selbst ernannten Übergangspräsidenten Guaidó, einen politischen Systemwechsel herbeizuführen, nicht aufgegangen sei. Sie wollen den Menschen durch Wahlen eine Option bieten. Der sozialistische Staatspräsident Nicolás Maduro konnte seine Macht trotz der schweren wirtschaftlichen und humanitären Krise festigen. Das Militär steht loyal zu ihm und ist sein größter Machtfaktor.
Mehr als 14.000 Kandidaten von rund 100 Parteien und Gruppierungen bewerben sich um die Sitze in der Nationalversammlung. Die Regierung Maduro hatte die Wahlkreise neu zuschneiden lassen. Damit erhöht sich auch die Zahl der Parlamentarier um 110 auf insgesamt 277. Die Wahlkommission CNE wurde mit Maduro-treuen Vertretern besetzt. Guaidó spricht von Manipulation zugunsten von Maduro.
In der Nationalversammlung hat die Opposition seit fünf Jahren eine Zwei-Drittel-Mehrheit und ernannte Anfang 2019 ihren Vorsitzenden Guaidó zum Interimspräsidenten. Inzwischen wird Guaidó von rund 50 Ländern anerkannt, darunter auch Deutschland. Die Wahl zur Nationalversammlung Ende 2015 galt als die letzte freie und demokratische Abstimmung in Venezuela. Die vorgezogenen Präsidentenwahl im Mai 2018, nach der sich Maduro zum Sieger erklärte, wurde wegen mutmaßlicher Wahlfälschung von den meisten westlichen Ländern nicht anerkannt.
Auch die jetzt anstehende Parlamentswahl wird nicht von unabhängigen Wahlbeobachtern begleitet. Die EU lehnte es ab, Beobachter nach Venezuela zu schicken. Im Moment lägen die "Bedingungen für einen transparenten Wahlprozess nicht vor", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.