Berlin (epd). Der Gründer und Leiter der christlich-evangelikalen Kinderhilfsorganisation "Arche", Bernd Siggelkow, fordert eine Grundsicherung von 600 Euro für jedes Kind. 300 Euro müssten an die Familien selbst gehen und 300 Euro pro Kind ins Bildungssystem investiert werden, sagte er am Dienstag in Berlin. In der Corona-Krise seien Kinder aus armen Familien "völlig abgehängt" und seine Organisation "geforderter denn je", sagte Siggelkow. Man versuche, wenigstens die Hausaufgabenhilfe per Handy aufrecht zu erhalten. Die Kinder könnten wegen der Abstandsregeln- und Kontaktbeschränkungen meist nur noch einmal pro Woche in die Einrichtungen kommen.
Mehr als vier Millionen Kinder lebten in Deutschland in Armut, sagte Siggelkow und bezog sich damit auf Angaben des Kinderschutzbundes. Er rief den 24. November zum Tag gegen Kinderarmut aus und kündigte für die kommenden Jahre Aktionen an. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung geht von knapp drei Millionen oder einem Fünftel aller Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren aus, die an der Armutsgrenze leben oder deren Familien Grundsicherung beziehen.
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, unterstützte die Forderung des "Arche"-Chefs nach einem Aktionstag gegen Kinderarmut. Dazu gehöre auch, dass Kinderrechte endlich im Grundgesetz verankert würden. Es brauche eine echte Kindergrundsicherung, einmalige Corona-Hilfen reichten nicht, erklärte Göring-Eckardt.
Die Gründung der "Arche" durch Siggelkow jährt sich an diesem Mittwoch zum 25. Mal. Der Pfarrer und seine Frau hatten die erste Einrichtung an ihrem Wohnort in Berlin-Hellersdorf eröffnet. Inzwischen gibt es bundesweit 27 "Arche"-Standorte für rund 4.500 Kinder. Sie erhalten Essen, Hausaufgabenhilfe und Betreuung in der Freizeit. Sämtliche Reisen, die Jubiläumsfeier und sonst üblichen Feiern mussten abgesagt werden, auch das Weihnachtsessen in Berlin für 1.000 Familien. Siggelkow sprach vom "herausforderndsten Jahr, das ich je erlebt habe: Die Kinder sind müde, die Eltern überfordert und die Familien an der Grenze ihrer Kraft", sagte er.
Nach Siggelkows Angaben liegt der finanzielle Jahresbedarf der "Arche", der fast vollständig durch Spenden aufgebracht wird, bei zwölf Millionen Euro. Der "Arche"-Förderkreis der DekaBank steuerte nach eigenen Angaben in diesem Jahr 500.000 Euro bei, in den zehn Jahren zuvor insgesamt zwei Millionen Euro.