Mit der Verlesung der Anklage hat am Freitag, 20. November, vor dem Amtsgericht in Bremen unter großem Medieninteresse der Prozess gegen den evangelikalen Pastor Olaf Latzel begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 53-jährigen, streng konservativen, evangelischen Theologen der Bremer St.-Martini-Gemeinde Volksverhetzung vor. Im Herbst 2019 habe er sich in einem Eheseminar in einer Weise geäußert, die den öffentlichen Frieden stören und zum Hass gegen Homosexuelle aufstacheln könne. Zugleich verletzten die Äußerungen die Menschenwürde. Die Verteidigung wies die Vorwürfe zurück und sprach von einem "politischen Verfahren".
Eine Audio-Datei über das Seminar sei auf einer Internetplattform online gestellt worden, wo sie mit hoher Reichweite für jedermann verfügbar gewesen sei, argumentiert die Anklage. Pflichtverteidiger Sascha Böttner sagte, die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren schon mit ihrer Presseinformation zur Anklageerhebung Anfang Juli mit unfairer Desinformation lanciert und öffentlich Stimmung gegen Latzel gemacht. So sei behauptet worden, der Pastor habe die Audio-Datei ins Internet gestellt, was nicht stimme.
Haftstrafe von bis zu fünf Jahren droht
Nach der Anklageverlesung wurde die Aufnahme des biblisch orientierten Eheseminars vorgespielt. Dabei war unter anderem zu hören, wie Latzel sagt, Homosexualität stehe gegen die göttliche Schöpfungsordnung. Er warnte vor einer "Homolobby": "Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch." Das verunsichere Leute, zerstöre Zivilisation und Kultur. Homosexualität sei vor Gott todeswürdig und ein Gräuel.
Auf Volksverhetzung steht eine Haftstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Für den Prozess unter der Leitung der Vorsitzenden Richterin Ellen Best sind drei Verhandlungstage angesetzt. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses, und um die Corona-Abstände einhalten zu können, wurde die Gerichtsverhandlung in das Bremer Konzerthaus "Die Glocke" verlegt.
Ermittler prüften schon 2015 Aussagen
Der Theologe, der sich als bibeltreu bezeichnet, ist in der Vergangenheit schon öfter in die Kritik geraten. So hatte er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert. Auch damals prüfte die Staatsanwaltschaft seine Äußerungen, sah sie am Ende aber von der grundgesetzlich zugesicherten Meinungs- und Religionsfreiheit gedeckt. Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Latzel zudem 2008, als er einer Kollegin die Kanzel verwehrte, weil die Martini-Gemeinde die Ordination von Frauen strikt ablehnt.