Genf, Khartum (epd). Die Vereinten Nationen bereiten sich im Sudan auf die Versorgung von 200.000 Flüchtlingen aus dem krisengeschüttelten Äthiopien vor. Mehr als 33.000 äthiopische Flüchtlinge aus der umkämpften Tigray-Region seien bislang im benachbarten Sudan eingetroffen und seien auf humanitäre Unterstützung angewiesen, sagte ein Repräsentant des Hilfswerks UNHCR am Freitag in Khartum während einer Videokonferenz.
Das UNHCR warnte, dass die große Zahl an Flüchtlingen aus Äthiopien den Sudan belaste. Der Sudan beherberge bereits 1,2 Millionen Flüchtlinge. Rund zwei Millionen Binnenflüchtlinge irrten in dem Land umher.
Unterdessen wies der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, die Anschuldigungen der äthiopischen Armee zurück, er unterstütze die aufständische Tigray-Volksbefreiungsfront (TPLF). Derartige Vorwürfe seien nicht wahr, betonte der äthiopische Staatsbürger Tedros, er wolle Frieden für sein Land.
Der Armeechef, General Berhanu Jula, hatte gesagt, Tedros habe jeden Stein umgedreht, um der TPLF zu Waffen zu verhelfen. Zudem mobilisiere Tedros diplomatischen Beistand für die Volksbefreiungsfront.
Der Immunologe Tedros (55) gehört zur Ethnie der Tigray und steht seit Juli 2017 an der Spitze der WHO in Genf. Von 2005 bis 2012 war er Gesundheitsminister seines Landes, von 2012 bis 2016 war er Außenminister. Damals hatten Tigray-Politiker eine starke Stellung in der Staats- und Armeeführung.
Die äthiopische Armee und die TPLF, die in der Tigray-Region an der Macht ist, liefern sich seit Anfang November heftige Kämpfe. Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed hatte Anfang der Woche erklärt, die Armee könnte in den kommenden Tagen eine Entscheidung herbeiführen. Weil die Region weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten ist, gibt es keine unabhängigen Berichte über die Lage.
Hintergrund des militärischen Konflikts sind Machtkämpfe und Spannungen im Vielvölkerstaat Äthiopien, der rund 110 Millionen Einwohner hat. Abiy gehört zur Volksgruppe der Oromo und ist seit 2018 Regierungschef. Er leitete eine politische Öffnung ein und schloss Frieden mit Eritrea, wofür er den Friedensnobelpreis erhielt. Gegen Kritiker und vermeintliche Sympathisanten der TPLF geht er aber mit großer Härte vor.