Bremen (epd). Mit der Verlesung der Anklage hat am Freitag am Amtsgericht in Bremen unter großem Medieninteresse der Prozess gegen den evangelikalen Pastor Olaf Latzel begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 53-jährigen streng konservativen evangelischen Theologen der Bremer St.-Martini-Gemeinde Volksverhetzung vor. Im Herbst 2019 habe er sich in einem Eheseminar in einer Weise geäußert, die den öffentlichen Frieden stören und zum Hass gegen Homosexuelle aufstacheln könne. Zugleich verletzten die Äußerungen die Menschenwürde.
Eine Audio-Datei über das Seminar sei auf einer Internetplattform online gestellt worden, wo sie mit hoher Reichweite für jedermann verfügbar gewesen sei, hieß es. Latzel hatte im Verlauf des Seminars gesagt, Homosexualität stehe gegen die göttliche Schöpfungsordnung. Er warnte vor einer "Homolobby": "Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch." Das verunsichere Leute, zerstöre Zivilisation und Kultur. Homosexualität sei todeswürdig und ein Gräuel.
Auf Volksverhetzung steht eine Haftstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Für den Prozess sind drei Verhandlungstage angesetzt. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses, und um die Corona-Abstände einhalten zu können, wurde die Gerichtsverhandlung in das Bremer Konzerthaus "Die Glocke" verlegt.
Der Theologe, der sich als bibeltreu bezeichnet, war in der Vergangenheit schon öfter in die Kritik geraten. So hatte er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert. Auch damals prüfte die Staatsanwaltschaft seine Äußerungen, sah sie am Ende aber von der grundgesetzlich zugesicherten Meinungs- und Religionsfreiheit gedeckt. Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Latzel zudem 2008, als er einer Kollegin die Kanzel verwehrte, weil die Martini-Gemeinde die Ordination von Frauen strikt ablehnt.