Frankfurt a.M., Addis Abeba (epd). Die äthiopische Justiz geht scharf gegen mutmaßliche Unterstützer der aufständischen Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) vor. Gegen 76 Militärs, darunter mehrere Generäle, sei wegen Hochverrats Haftbefehl erlassen worden, berichtete der regierungsnahe Sender Fana BC am Mittwochabend. Ihnen wird demnach vorgeworfen, die TPLF bei ihrem Kampf gegen die Zentralregierung in der Hauptstadt Addis Abeba unterstützt zu haben.
Die Armee der äthiopischen Regierung und die TPLF, die in Tigray an der Macht ist, liefern sich seit Anfang November heftige Kämpfe um die Kontrolle der Tigray-Region im Norden des Landes. Ministerpräsident Abiy Ahmed hatte Anfang der Woche erklärt, die Armee rücke auf die Regionalhauptstadt Mekelle vor und könnte in den kommenden Tagen eine Entscheidung herbeiführen. Weil die Region weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten ist, gibt es keine unabhängigen Berichte über die Lage.
Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Krise in Tigray. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR teilte am Donnerstag mit, mehr als 31.000 Menschen seien in das Nachbarland Sudan geflüchtet. Schätzungen des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) zufolge sind rund eine Million Menschen in Tigray auf Hilfe angewiesen.
Hintergrund des militärischen Konflikts sind Machtkämpfe und Spannungen im Vielvölkerstaat Äthiopien, der rund 110 Millionen Einwohner hat. Ein Auslöser für die Eskalation des Konflikts war die Wahl zum Regionalparlament in Tigray. Ministerpräsident Abiy hatte alle Wahlen wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Regionalregierung hatte dennoch im September Wahlen abgehalten, die Abiy für ungültig erklärt hat.