Gericht: Jobcenter muss trotz iPad-Klasse kein Tablet zahlen

Gericht: Jobcenter muss trotz iPad-Klasse kein Tablet zahlen
Diakonie fordert ausreichende digitale Ausstattung für bedürftige Schulkinder
Trotz iPad-Klasse muss das Jobcenter einer Schülerin kein Tablet zahlen. Es stelle keinen notwendigen Schulbedarf dar, urteilte das Landessozialgericht. Die Diakonie fürchtet, ohne gute Ausstattung könnten Kinder beim Lernen abgehängt werden.

Celle, Hannover (epd). Auch Schüler einer iPad-Klasse haben nach einer Entscheidung des niedersächsischen Landessozialgerichtes keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für ein Tablet. In dem am Montag veröffentlichten Beschluss geht es um eine Sechstklässlerin aus der Region Hannover, deren Familie Hartz IV bezieht. Mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres war durch die Schule die unterstützende Nutzung eines iPads vorgesehen, sagte ein Gerichtssprecher in Celle. Die Schülerin habe sich für das teuerste Neugerät entschieden und beim Jobcenter die Erstattung von rund 460 Euro beantragt. (L 7 AS 66/19)

Die Schülerin habe sich ohne iPad ausgegrenzt gefühlt, erläuterte der Sprecher. Ihre Eltern hätten der Einführung einer iPad-Klasse nur zugestimmt, weil sie glaubten, die Kosten vom Jobcenter ersetzt zu bekommen. Das Jobcenter war den Angaben zufolge lediglich bereit, ein Darlehen zu gewähren. Das Landessozialgericht bestätigte die Auffassung des Jobcenters, Kosten für digitale Geräte seien aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Unterdessen fordert die Diakonie in Niedersachsen eine ausreichende digitale Ausstattung für bedürftige Kinder. "Bis auf wenige Ausnahmen werden Anträge Betroffener durch die Sozialleistungsträger und die Sozialgerichte immer wieder mit dem Verweis auf den Digitalpakt Schule und dem Sofortprogramm Digitale Endgeräte des Bundes und der Länder abgewiesen", kritisierte der Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke. In den zurückliegenden Monaten habe es in der Corona-Pandemie zwar Verbesserungen gegeben. "Jedoch ist es noch immer nicht gelungen, die Programme flächendeckend umzusetzen."

Das Gericht hatte jetzt entschieden, es liege kein Mehrbedarf vor, weil ein iPad weder schulrechtlich vorgeschrieben, noch zum Erreichen des Schulabschlusses erforderlich sei. Gegenüber einkommensschwachen Familien knapp oberhalb von Hartz IV stelle ein iPad einen Luxus dar und keinen notwendigen Schulbedarf. Zudem müsse der Schulträger für Lernmittel sorgen und notfalls kostenfreie Leihmöglichkeiten schaffen. Dadurch, dass einzelne Schulen eine solche Ausstattung verlangten, werde ein iPad noch nicht zum "soziokulturellen Existenzminimum", so das Gericht.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Gericht eine Revision zugelassen. Die Diakonie begrüßte diese Entscheidung auch mit Blick auf einen zu erwartenden erneuten Unterricht im Homeschooling. "Wieder ist zu befürchten, dass besonders Kinder aus Familien, die sich die notwendige Ausstattung nicht leisten können, noch weiter abgehängt werden", sagte Lenke auf epd-Anfrage. "Für diese Kinder bedarf es schneller Lösungen. Die Erfahrungen aus dem Frühjahr belegen, dass gerade Kinder ohne entsprechende Ausstattung kaum Chancen haben, an Bildungsangeboten teilzuhaben."