Frankfurt a.M. (epd). Im Prozess um die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Haftbefehl gegen den Mitangeklagten Markus H. aufgehoben. H. sei nicht mehr dringend verdächtig sei, sich der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht zu haben, befand das Gericht am Donnerstag, wie Sprecherin Gundula Fehns-Böer dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Ohne einen dringenden Tatverdacht falle die Bedingung für einen Haftbefehl weg. H. werde folglich aus der Untersuchungshaft entlassen. Bestehen bleibe der Vorwurf eines Waffendelikts. (AZ: 5 - 2 StE 1/20-5a - 3/20)
Bislang hat sich nach Angaben des Gerichts der entsprechende Verdacht auf die Aussagen gestützt, die der Hauptangeklagte, der Rechtsextremist Stephan E., und die als Zeugin vernommene ehemalige Lebensgefährtin von H. im Ermittlungsverfahren gemacht hatten. Diese Beweismittel trügen den Verdacht nun nicht mehr. Der Senat habe erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der in der Vernehmung und im Prozess gemachten Angaben des Hauptangeklagten und der Zeugin. Die bisher in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse ließen nicht den Schluss zu, Markus H. habe die Tat für möglich gehalten.
Der Haftbefehl sei auch nicht dahin abzuändern, dass Markus H. nunmehr der Mittäterschaft an der Tötung von Walter Lübcke dringend verdächtig sei, befanden die Richter. Die entsprechende Darstellung des Mitangeklagten Stephan E. in der Hauptverhandlung sei nicht glaubhaft. E. habe insgesamt drei verschiedene Versionen des Tatgeschehens beschrieben. Dabei habe er die Beteiligung von Markus H. jeweils völlig unterschiedlich geschildert, in einigen Punkten seien die Angaben widersprüchlich. E.s Ausführungen seien darüber hinaus in mehreren Punkten unplausibel und stünden nicht mit der bisherigen Beweislage in Einklang.
Zwar sei der Angeklagte Markus H. weiterhin dringend verdächtig, an einer nicht schussfähigen Maschinenpistole ein Griffstück befestigt zu haben, für das er über keine Erlaubnis verfügte. Die Straferwartung wegen eines Waffendelikts sei jedoch so gering, dass nach einer Untersuchungshaft von einem Jahr und drei Monaten die weitere Fortdauer der Untersuchungshaft in keinem Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe stehe. Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zulässig, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte. Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses in Wolfhagen-Istha erschossen worden.