Berlin (epd). Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, fordert bei den Corona-Schutzmaßnahmen in Pflegeheimen mehr Mitsprache von Bewohnern und Angehörigen. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) kritisierte er den unterschiedlichen Umgang der Einrichtungen mit dem Infektionsrisiko. "Da fehlt einfach das Maß", sagte Westerfellhaus. Ihn erreichten weiterhin Beschwerden, "dass die Angehörigen noch immer regelrecht aus- und die Bewohner eingesperrt" werden.
Der Bevollmächtige verlangte von den Bundesländern, die Selbstbestimmung und Lebensqualität der Heimbewohner in den Fokus zu rücken und systematische Tests von Pflegekräften und Pflegebedürftigen auf den Weg zu bringen. Die Gesundheitsminister beraten an diesem Mittwoch über die aktuelle Lage. "Es kann doch nicht sein", sagte Westerfellhaus, "dass Angehörige von pflegebedürftigen Menschen unter Corona-Generalverdacht gestellt werden und gleichzeitig private Feierlichkeiten mit mehreren Hundert Personen erlaubt sind."
Zur Debatte um mehr Corona-Tests für Pflegeheime sagte Westerfellhaus, sein Eindruck sei, "dass insgesamt noch zu wenig gezielt getestet wird". Es gebe Einrichtungen, in denen es gut laufe. "Es gibt aber auch Hinweise, wonach Beschäftigte tagelang auf einen Test und dann ebenso lange auf das Testergebnis warten müssen. Das ist nicht hinnehmbar", erklärte der Pflegebevollmächtigte.
Westerfellhaus befürwortete, Schnelltests künftig auch in Pflegeheimen, etwa für Besucher anzuwenden, wie es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt hatte. "Wir müssen unsere Testkapazitäten verstärkt und vorrangig dort einsetzen, wo die Gefahr für die Menschen am größten ist", sagte er. Pflegeinrichtungen müssten Vorrang vor Fußballspielen haben.
Regelmäßige Tests des Personals können Westerfellhaus zufolge sinnvoll sein, wenn sie wegen des Infektionsgeschehens vor Ort angezeigt sind und die Ergebnisse schnell vorliegen. Sie könnten aber nur ein Teil der Gesamtstrategie im Umgang mit dem Coronavirus sein. "Reihentestungen ohne Anlass halte ich für nicht zielführend", sagte Westerfellhaus. Sie lieferten immer nur eine Momentaufnahme. Solche regelmäßigen Testungen werden seit Monaten von verschiedenen Heimträger- und Berufsverbänden gefordert. Sie sind seit Juni grundsätzlich möglich, aber nicht Praxis.