Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine zunehmende Aggressivität bei der gesellschaftlichen Diskussion über die Corona-Maßnahmen beklagt. Zum Auftakt seiner Kaffeetafel am Dienstag in Schloss Bellevue mit Bürgerinnen und Bürgern, von denen einige die Beschränkungen im Kampf gegen die Pandemie für falsch halten, sagte er, der Graben zwischen jenen, die bei dem Thema unterschiedlicher Meinung seien, werde immer breiter. Die Diskussion an der Kaffeetafel sei daher "ein Test", ob ein zivilisierter Austausch dazu noch möglich sei.
Steinmeier betonte, er finde es unverständlich, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse gänzlich in Zweifel gezogen würden. Er verstehe aber, wenn der Blick auf die Pandemie auch von der eigenen Lebenssituation geprägt sei. Es mache einen Unterschied, ob jemand in einem Haus wohne oder in einer engen Mietwohnung, ob der Arbeitsplatz gefährdet sei oder nicht.
Die Gäste - unter ihnen eine Schuldenberaterin, eine Schülersprecherin, ein Virologe, ein Kinderbuchautor und der Geschäftsführer eines Kulturfestivals - waren eingeladen, von ihren Erfahrungen zu berichten. Eine Teilnehmerin hatte zuvor einen offenen Brief an Steinmeier geschrieben, in dem sie unter anderem kritisierte, die Corona-Maßnahmen stellten eine Gefahr für die Demokratie dar.
Gespräche an der Kaffeetafel des Bundespräsidenten gibt es seit gut zwei Jahren. Dabei geht es darum, dass alle ihre Meinung sagen, einander aber auch zuhören.