Brüssel, Mytilini (epd). Der deutsche Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne) hat bei einem Besuch auf der griechischen Insel Lesbos seine Forderung nach einer Unterbringung von Flüchtlingen aus dem abgebrannten Lager Moria auf Kreuzfahrtschiffen unterstrichen. "Es gibt viele schwimmende Hotels, die derzeit leerstehen", sagte Marquardt am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz von der Inselhauptstadt Mytilini aus. Er bezog sich damit auf die Folgen der Corona-Krise für die Kreuzfahrtindustrie.
Für die durch die Brände obdachlos gewordenen Menschen könne ein Schiff ein Rückzugsraum werden, erklärte der Europaabgeordnete, der dies als Kurzfrist-Lösung verstanden wissen will. "Man kann sich ausruhen und ist sicher." Verpflegung, Brandschutz, Bildung und auch der Schutz vor Corona könnten dort gut organisiert werden.
Die EU-Kommission hatte sich am Montag zu dem Vorschlag der Nutzung von Kreuzfahrtschiffen zurückhaltend geäußert. Es sollten "zunächst angemessenere Optionen" genutzt werden, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. "Die Kreuzfahrtschiff-Option ist im Vergleich mit anderen Optionen nicht kostengünstig." Er verwies auf ein neues Camp auf Lesbos. Auch EU-Diplomatenkreise verwiesen auf ein neues Camp, in Kara Tepe auf Lesbos, sowie auf ein Marineschiff, auf dem bis zur Fertigstellung des Lagers Familien untergebracht würden.
Vergangene Woche hatte ein Feuer das überbelegte Flüchtlingslager Moria auf Lesbos weitgehend zerstört, dadurch wurden Tausende Menschen obdachlos. In einen neuen Camp auf Lesbos, das derzeit schnell aufgebaut werde, gebe es noch weniger Infrastruktur als in Moria, erklärte Marquardt, der sich in Griechenland unter anderem mit Flüchtlingen und Politikern unterhalten hatte. Es fehlten zum Beispiel Strom und umfassender Zugang zu Wasser. Viele Menschen zögerten dort hinzugehen, weil sie fürchteten, nicht wieder hinauszukönnen.
Auf längere Sicht müssten Menschen von Lesbos und sonstigen Orten auf andere EU-Länder verteilt werden, die dazu bereit seien, sagte Marquardt weiter. Darüber hinaus sprach sich der Europaabgeordnete für eine finanzielle "obligatorische Solidarität" aller EU-Staaten aus, solange kein "obligatorisches Umverteilungssystem" für Flüchtlinge auf alle EU-Länder durchsetzbar sei. Die EU-Kommission will kommende Woche ihre Vorschläge für eine Reform des EU-Asylsystems vorstellen, bei denen es auch um Solidarität und Umverteilung gehen dürfte.