Berlin (epd). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat in einer emotionalen Debatte im Bundestag seine Linie nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria verteidigt. Unter ständigen Zwischenrufen der Opposition sagte Seehofer am Freitag im Parlament, das Wichtigste sei Soforthilfe vor Ort. Deutschland werde außerdem 100 bis 150 Kinder aufnehmen, im Rahmen einer Initiative von zehn EU-Staaten zur humanitären Hilfe nach der Zerstörung des Lagers auf der griechischen Insel Lesbos.
Wenn sich die Ereignisse von 2015 nicht wiederholen sollten, müsse es eine europäische Lösung geben, bekräftigte Seehofer und verwies darauf, dass die EU-Kommission dazu am 30. September ihren Vorschlag vorlegen werde. Er lehnte damit erneut Forderungen aus der Opposition, der SPD und auch der Union ab, sofort mehr Menschen aus Moria in Deutschland aufzunehmen.
Die SPD-Abgeordnete Ute Vogt bescheinigte Seehofer, sich intensiv um eine europäische Lösung zu bemühen, appellierte aber zugleich eindringlich an den Bundesinnenminister, mehr Menschen aus Moria ins Land zu lassen. 14 Bundesländer und mehr als 170 Kommunen hätten sich dazu bereiterklärt, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aufzunehmen. Von den Grünen und der Linksfraktion kamen gleichlautende Forderungen.
Für Entsetzen unter den anderen Fraktionen sorgte die Rede des innenpolitischen Sprechers der AfD-Fraktion, Gottfried Curio, der die Flüchtlinge in Moria sämtlich als "Brandstifter" und "Feuerteufel" und Kriminelle beschimpfte, die niemand in Deutschland haben wolle. Sie müssten schnellstmöglich in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, forderte er. Ihre Strategie sei, "sich hilflos zu machen, um Ansprüche zu erpressen".
Die einstündige Debatte war durch einen Antrag der Linksfraktion zustandegekommen, alle 13.000 Flüchtlinge aus Moria nach Deutschland zu holen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Heike Hänsel, warf Seehofer und der Mehrheit der Union vor, die Dramatik der Situation auf Lesbos nicht zu erfassen. Die Bevölkerung dort werde kein neues Lager akzeptieren, es drohten bürgerkriegsähnliche Zustände, warnte Hänsel. Die Menschen müssten jetzt evakuiert werden.
Die CDU-Abgeordnete Elisabeth Motschmann, die gemeinsam mit 15 Unionskollegen in einem Offenen Brief an Seehofer die Aufnahme von 5.000 Menschen aus Moria durch die EU oder notfalls Deutschland allein fordert, sagte, was die Menschen in Moria erlebten, "das ist nackte Not, und die müssen wir lindern." Man könne nicht auf politische Lösungen warten. "Wir müssen aus christlicher Verantwortung jetzt handeln", forderte Motschmann.
In der Nacht zu Mittwoch hatte ein Feuer große Teile des mit mehr als 12.000 Menschen völlig überfüllten Lagers auf Lesbos verwüstet. Seitdem gibt es Forderungen an Seehofer, einer Aufnahme einer größeren Zahl von Flüchtlingen aus Moria in Deutschland zuzustimmen. Auch die Oberbürgermeister von zehn deutschen Städten erklärten ihre Bereitschaft, Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen.