Wiesbaden (epd). Zwischen dem Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zum Mordfall Walter Lübcke und der Justiz ist ein heftiger Streit über die Herausgabe von Akten entbrannt. Der Ausschussvorsitzende Christian Heinz (CDU) teilte am Mittwoch in Wiesbaden mit, sowohl das Oberlandesgericht Frankfurt als auch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hätten die Übersendung angeforderter Akten vorerst abgelehnt.
Der Vorsitzende Richter des zuständigen Gerichtssenats habe in seinem entsprechenden Beschluss ausgeführt, durch eine Überlassung der Akten an den Landtag wäre die Aufgabe des Gerichts gefährdet, im Zuge des Prozesses den wahren Sachverhalt zu ermitteln. Der Generalbundesanwalt habe ebenfalls die Überlassung der Akten zu dem weiteren Ermittlungsverfahren mit Hinweis auf eine mögliche Gefährdung der Ermittlungen verweigert. Nach einer nichtöffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses sagte Heinz, dessen Mitglieder seien einhellig der Auffassung, die genannten Ablehnungsgründe so nicht zu akzeptieren.
Sie hätten ihn als Ausschussvorsitzenden gebeten, den Vorsitzenden Richter zu einer erweiterten Begründung seiner Entscheidung aufzufordern. Außerdem behalte sich das Gremium die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Ablehnung durch das Oberlandesgericht vor. Aber auch die Aktensperrung durch die Bundesanwaltschaft werde von dem Untersuchungsausschuss nicht akzeptiert. Heinz will sich daher in dessen Namen an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) als Aufsicht über den Generalbundesanwalt wenden. Laut Heinz hat die hessische Landesregierung erklärt, dass umfangreiche Aktenbestände bereits versandfertig vorbereitet seien. Sie sei aber auf die Freigabe durch Gericht und Ermittlungsbehörde angewiesen.
Der Untersuchungsausschuss war im Sommer einstimmig vom Landtag eingesetzt worden, um mögliche Versäumnisse der Behörden vor dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke aufzuklären. "Für die weitere Arbeit des Ausschusses sind beim Oberlandesgericht Frankfurt und dem Generalbundesanwalt befindlichen Akten unerlässlich", betonte Heinz am Mittwoch. Die Aufklärungsarbeit habe für alle Ausschussmitglieder höchste Priorität.
Lübcke war am 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses mutmaßlich von einem Rechtsextremisten erschossen worden.