Lüneburg (epd). Die Euthanasie-Gedenkstätte Lüneburg hat am Sonntag ein neues Bildungszentrum eingeweiht. Auf dem Gelände der Psychiatrischen Klinik Lüneburg ist dazu das 1832 errichtete Gärtnerhaus restauriert worden, wie Gedenkstätten-Leiterin Carola Rudnick mitteilte. Die Gedenkstätte ist deutschlandweit die einzige Bildungseinrichtung am Ort einer ehemaligen "Kinderfachabteilung". Dort wurden in der NS-Zeit mehr als 400 geistig und körperlich kranke Kinder und Jugendliche getötet und Hunderte Menschen zwangssterilisiert.
In dem Haus, das im 19. Jahrhundert aus Klostersteinen des Lüneburger St. Nicolai-Turms als Teil der königlich-preußischen Baumschule und Obstplantage gebaut wurde, sind Seminarräume und ein Archiv entstanden. Besucher sollen nach Angaben der Gedenkstätte dort künftig nach Einzelschicksalen recherchieren können. Auch ein digitales Archiv ist im Entstehen. Die Gesamtkosten für das Projekt betragen laut Rudnick rund 735.000 Euro. Neben der Psychiatrischen Klinik und der Gesundheitsholding Lüneburg beteiligten sich daran das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und weitere namhafte Stiftungen.
Die Psychiatrische Klinik Lüneburg setzt sich seit vielen Jahren mit ihrer Geschichte auseinander. Seit 2004 informiert sie mit der Gedenkstätte in einem früheren Badehaus über die Verbrechen in der damaligen "Heilanstalt Lüneburg" während der NS-Zeit. In Lüneburg starben nach Recherchen der Historikerin Rudnick mindestens 425 Kinder und Jugendliche. Ein Großteil von ihnen wurde ermordet oder verhungerte.
Weitere 475 erwachsene Patientinnen und Patienten der damaligen Heil- und Pflegeanstalt wurden im Zuge der sogenannten "Aktion T4" ermordet. Hunderte Patientinnen und Patienten ausländischer Herkunft starben an Mangel- und Unterversorgung oder wurden in Vernichtungseinrichtungen verlegt. Bis in die frühe Nachkriegszeit hinein wurden mehr als 600 Frauen und Männer nach Urteilen des damaligen Lüneburger Erbgesundheitsgerichts zwangssterilisiert.