Frankfurt a.M. (epd). Nach dem Militärputsch im westafrikanischen Mali droht ein Machtkampf. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) forderte am Donnerstagabend die Rückkehr von Präsident Ibrahim Boubacar Keïta in sein Amt. Die herrschende Militärjunta erklärte dagegen, sie wolle eine Übergangsregierung einsetzen.
Präsident Keïta war am Dienstag mit anderen Regierungsmitgliedern festgenommen und zum Rücktritt gezwungen worden. Die Staats- und Regierungschefs der Ecowas-Mitgliedsstaaten einigten sich bei einem digitalen Sondergipfel am Donnerstagabend auf die Verhängung von Sanktionen gegen die Putschisten und die sofortige Entsendung einer Vermittlungsdelegation. Die westafrikanischen Staaten sprachen den neuen Machthabern jegliche Legitimität ab.
Die Putschisten bezeichneten sich als "Nationalkomitee zum Wohl des Volkes" und erklärten Medienberichten zufolge, sie wollten einen Übergangspräsidenten einsetzen. Der Sprecher des "Nationalkomitees", Ismaël Wagué, sagte dem Sender France24 am Donnerstagabend, die Militärs würden Gespräche mit der Opposition über die Bildung einer Übergangsregierung führen. Er versprach, diese Übergangsregierung werde so kurz wie möglich an der Macht bleiben. Der UN-Experte für Menschenrechte in Mali, Alioune Tine, forderte in einer Erklärung vom Donnerstag, die Macht so schnell wie möglich an Zivilisten abzugeben. Zudem müsse die illegale Inhaftierung des Präsidenten sofort beendet werden.
Der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, forderte am Donnerstag, die demokratische und verfassungsmäßige Ordnung müsse so schnell wie möglich wiederhergestellt werden. Menschenrechtlern zufolge wurden bei dem Putsch am Dienstag mindestens 4 Menschen getötet und 15 durch Schüsse verletzt. Die Oppositionsbewegung M5-RFP hat für diesen Freitag eine Demonstration in der Hauptstadt Bamako angekündigt. Das Bündnis beklagte bei Massenprotesten in den vergangenen Wochen Wahlfälschung bei der Parlamentswahl im Frühjahr, die schlechte wirtschaftliche Lage und die zunehmende Gewalt im Land.
Präsident Keïta war seit 2013 im Amt und wurde 2018 wiedergewählt. Die Regierung stand jedoch seit Wochen durch die Proteste unter Druck. 2012 hatten sich in Mali bereits Teile des Militärs erhoben und die damalige Regierung abgesetzt.