Frankfurt a.M. (epd). Im Prozess um den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel den Verteidiger Frank Hannig entlassen. Zu Beginn des siebten Verhandlungstages am Dienstag stellte Sagebiel im Oberlandesgericht Frankfurt am Main fest, dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeklagten Stephan E. und dem Dresdner Rechtsanwalt "gestört" und "zerrüttet" sei. Hannig habe Anträge am Montag nicht mit dem Angeklagten abgesprochen.
Mit den Anträgen "wollte Hannig andeuten, Lübcke und seine Söhne seien in krumme Geschäfte verwickelt", erklärte der Richter. Auch habe er Mutmaßungen über die Tatbeteiligung Dritter angestellt. Ein Verteidigungsansatz über den Weg, Opfer zu diskreditieren, sei nicht statthaft. Auch sei die Behauptung "unwahr", dass das Gericht den Verteidiger daran hindere, ein angebliches rechtsextremes Netzwerk aufzudecken. Auch diese Strategie schade dem Angeklagten. Ebenso spreche die Überraschung des Angeklagten über das Vorgehen des Verteidigers dafür, dass das Vertrauensverhältnis gestört sei. Daher werde die Bestellung von Hannig als Verteidiger widerrufen.
Der zweite Verteidiger von E., Mustafa Kaplan, gab im Anschluss zu Protokoll, dass alle Mandate Hannigs in diesem Verfahren beendet seien. "Er soll den Angeklagten nicht mehr stören." Stephan E. hatte bereits seinem ersten Anwalt Dirk Waldschmidt das Vertrauen entzogen und ihn durch Hannig ersetzt. Die Bundesanwaltschaft hat E. aufgrund von Indizien des Mordes an Walter Lübcke angeklagt. Er muss sich darüber hinaus im Fall eines 2016 in Lohfelden bei Kassel niedergestochenen Flüchtlings verantworten. Dabei wird ihm aufgrund von Indizien versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.