DGB-Vize Piel: Fleischindustrie nicht aus der Verantwortung lassen

DGB-Vize Piel: Fleischindustrie nicht aus der Verantwortung lassen
26.07.2020
epd
epd-Gespräch: Bettina Markmeyer

Berlin (epd). Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt vor neuen Schlupflöchern für die Fleischindustrie. Die stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bundesvorstands, Anja Piel, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin, der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sei "eine gute Basis, um gegen die menschenverachtenden Zustände und die Ausbeutung in den Schlachthöfen vorzugehen. Aber wir wollen, dass er nachgeschärft wird, damit keine Schlupflöcher entstehen."

Zentrale Punkte seien zu weit gefasste Ausnahmen und die Kontrollen durch Arbeitsschutzbehörden. Dem Entwurf zufolge müssten bis 2026 fünf Prozent der Betriebe kontrolliert werden: "Das muss schneller gehen", forderte Piel: "Die Bundesländer müssen eine höhere Kontrolldichte erreichen." Es habe seit Jahren kaum noch Kontrollen gegeben. Die Länder müssten mehr Personal einstellen: "Wenn sich was ändern soll, muss auch kontrolliert werden, ob sich was geändert hat", sagte Piel.

Arbeitsminister Heil hatte nach massiven Corona-Ausbrüchen unter Arbeitern angekündigt, bis Ende Juli einen Gesetzentwurf zur Regulierung der Fleischindustrie auf den Weg zu bringen. Zentrale Vorhaben sind mehr Kontrollen, ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in den großen Schlachthöfen sowie Vorschriften für bessere Unterkünfte. Das gegenwärtige System macht die vorwiegend osteuropäischen Arbeiter von Subunternehmern abhängig und verdeckt die Umgehung von Arbeits- und Gesundheitsschutz, Mindestlöhnen und Mindeststandards für die Unterkünfte.

Piel sagte, oberstes Ziel sei, dass die Unternehmen ihre Beschäftigten einstellen: "Dafür müssen auch konzerninterne Werkverträge und Leiharbeit verboten werden. Die Fleischbarone dürfen keine Möglichkeit mehr haben, Verantwortung auszulagern", mahnte die DGB-Vize. Dann müsse es darum gehen, dass die Beschäftigten im neuen Arbeitsverhältnis nicht weiter ausgebeutet werden. Dafür sei unter anderem die im Entwurf vorgesehene elektronische Arbeitszeiterfassung erforderlich, die manipulationssicher sein müsse.

In Pandemie-Zeiten habe jeder sehen können, dass die Zustände "lebensgefährlich sind für die Leute, die da arbeiten", sagte Piel. Die Berater der Gewerkschaften, die mit den Arbeitern in Kontakt stehen, hätten unzählige Male darauf aufmerksam gemacht. Aber Politik und Behörden hätten immer wieder auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Fleischindustrie gesetzt.