Frankfurt a.M./Istanbul (epd). Zum ersten Mal seit 86 Jahren haben sich am Freitag Muslime zum Gebet in der Istanbuler Hagia Sophia versammelt. Die Zeremonie für die Wiedereröffnung der Hagia Sophia als Moschee startete laut der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu um zehn Uhr Vormittags (Ortszeit). Zu dem Freitagsgebet wurde auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erwartet.
Das türkische Oberste Verwaltungsgericht hatte vor zwei Wochen entschieden, dass die Hagia Sophia wieder als Moschee genutzt werden darf. Das Gericht erklärte einen Beschluss von 1934 für formal ungültig, der die Hagia Sophia zum Museum gemacht hatte. Auf die Sophienkirche im Herzen der Istanbuler Altstadt mit der weithin sichtbaren Kuppel erheben Christen und Muslime gleichermaßen Anspruch. Fast ein Jahrtausend lang war die Hagia Sophia die Hauptkirche des byzantinischen Reiches, bevor sie 1453 nach der Eroberung Istanbuls durch die Osmanen zur Moschee umgewandelt wurde.
Die Anordnung der obersten Religionsbehörde in der Türkei (Diyanet), dass die Hagia Sophia zur Moschee wird, rief internationalen Protest unter Religionsvertretern und Politikern. Christliche Vertreter kritisierten den Schritt als Einschränkung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei. Die Entscheidung habe innenpolitische und keine religiösen Gründe, mahnen Politiker.
Während des muslimischen Gebets wurden am Freitag die originalen Abbildungen und Mosaiken im Innenraum abgedeckt, wie Anadolu berichtete. Außerdem wurden Vorkehrungen getroffen, um eine Ansteckung mit dem Coronavirus unter den Gläubigen zu verhindern. Am Eingang wurden den Berichten zufolge die Körpertemperatur gemessen und das Tragen einer Mund-Nasen-Maske überprüft. Das Gebet wurde per Livestream ins Internet übertragen.