Hamburg (epd). Der ehemalige SS-Wachmann Bruno D. ist am Donnerstag vom Hamburger Landgericht zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Die Jugendstrafkammer des Landgerichts sprach den 93-Jährigen der Beihilfe zum Mord in mindestens 5.232 Fällen schuldig. Die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring sagte in der Urteilsbegründung, wer sich wie der Angeklagte verhalte, mache sich schuldig - bis an sein Lebensende. Das sei die rechtsstaatliche Antwort auf den Unrechtsstaat der Nationalsozialisten.
Bruno D. war von August 1944 bis April 1945 als SS-Wachmann im KZ Stutthof (bei Danzig) tätig. Da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alt war, fand der Prozess vor der Jugendstrafkammer statt. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft nach dem Jugendstrafgesetz gefordert.
"Wir zeigen nicht mit dem Finger auf Sie", sagte Meier-Göring zum Angeklagten. "Aber es war falsch, was Sie damals getan haben." Er hätte nicht mitmachen dürfen, sondern versuchen müssen, sich dem Einsatz in Stutthof zu entziehen. Das Gericht sei überzeugt, dass D. nicht gefühllos sei. Er habe sich "in den Sog der Entmenschlichung reinreißen lassen" - wie so viele, so Meier-Göring. "Hätten Sie doch nur Ihr Gewissen mehr angestrengt, Herr D."
Der Angeklagte muss nicht - wie vom Staatsanwalt gefordert - die gesamten Verfahrenskosten tragen, sondern lediglich die Kosten seiner eigenen Verteidigung. Es hätte seinen "sicheren finanziellen Ruin" und eine zweite Strafe bedeutet, sagte Meier-Göring zur Begründung. Zudem sei D. nicht alleiniger Verursacher des geschehenen Unrechts und somit der jetzigen Verfahrenskosten - der deutsche Staat müsse daher einen wesentlichen Anteil davon sowie die notwendigen Auslagen der Nebenkläger tragen.
D. wolle für sich selbst keine Schuld wahrhaben, sagte Meier-Göring. Dennoch habe er sich im Laufe des Prozesses seiner Schuld genähert - das habe seine Entschuldigung am vergangenen Montag gezeigt, und das sei anerkennenswert. Das Verfahren sei für alle schwierig gewesen, rechtlich und menschlich, so die Jugendrichterin. Die Kammer habe "Tage und Wochen" mit sich gerungen, das richtige Strafmaß festzulegen.
Der Verteidiger von Bruno D., Stefan Waterkamp, zeigte sich nach der Urteilsverkündung zufrieden mit dem Strafmaß. Sein Mandat habe durchaus mit einer Verurteilung gerechnet. D. sei nach der eineinhalbstündigen Urteilsverkündung sehr erschöpft gewesen, sagte der Anwalt. Er habe seinem Mandanten geraten, "alles sacken zu lassen" und in der kommenden Woche über eine mögliche Revision entscheiden.