Berlin (epd). Der Zentralrat der Juden in Deutschland muss nach Worten des Berliner Rabbiner Andreas Nachama eine neue Generation gewinnen, die auch neue Fragen jüdischen Lebens mitbringt. Das sei für die Zukunft des Dachverbandes wichtig, der an diesem Sonntag sein 70-jähriges Bestehen feiert, sagte der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz am Samstag im RBB-Inforadio. Das sei wie bei den Kirchen auch. Man müsse sich immer erneuern. "Wer verharrt, der rostet", sagte Nachama.
Der am 19. Juli 1950 in Frankfurt am Main gegründete Zentralrat sei primär der Interessenvertreter der jüdischen Gemeinden. Es gebe aber auch Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland, die sich nicht in Gemeinden sehen: "Man muss das mit einer großen Gelassenheit sehen." Judentum sei etwas, was jeder jüdischer Abstammung für sich selbst bestimme.
Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit seien zwei Seiten der derselben Medaille, sagte Nachama weiter: "Man kann in einer Gesellschaft nicht nur auf die eine Seite gucken und nicht auf die andere." Dabei sei es völlig gleichgültig, ob diejenigen, "für die man da das Wort erhebt, zu den Freunden der jüdischen Gemeinschaft gehören oder nicht."
Der Rabbiner mahnte zudem zur Geduld im jüdisch-muslimischen Dialog. Der Zentralrat arbeite seit Jahrzehnten beharrlich daran, "dass wir alle in einer Gesellschaft leben, in der Diskriminierung von Minderheiten möglichst wenig oder gar kein Thema mehr ist".
Das Jubiläum wird wegen der Corona-Pandemie digital mit verschiedenen Online-Formaten begangen. Derzeit gehören Zentralrat nach eigenen Angaben 105 jüdische Gemeinden mit rund 100.000 Mitgliedern an.