Berlin (epd). Die Denkmalschutzorganisation "World Heritage Watch" hat die Türkei aufgerufen, die Hagia Sophia in Istanbul nicht zur Moschee, sondern zum gemeinsamen Gebetshaus für Christen und Muslime zu machen. Eine solche Gebetsstätte für die beiden Religionen, "die zum selben Allmächtigen beten, wäre in der Tat der einzig glaubwürdige Weg, die Rolle der Hagia Sophia als Symbol für interreligiöse Brüderlichkeit und Frieden zwischen den Weltkulturen zu bestätigen und fortzusetzen", heißt es in einer am Dienstag in Berlin veröffentlichten Erklärung. Die geplante Umwandlung der früheren antiken christlichen Kirche von einem Museum in eine Moschee hat international eine Welle der Kritik ausgelöst.
Die Ursprünge und die gesamte Geschichte der Hagia Sophia müssten angemessen respektiert werden, erklärte "World Heritage Watch" weiter: "Nie zuvor hat die Welt solche Symbole mehr gebraucht, und die Geschichte wird diejenigen ehren, die, anstatt Spaltung zu schaffen und sich Feinde zu machen, Größe zeigen, indem sie Frieden schaffen." Es sei von größter Bedeutung, dass die Behörden, Meinungsführer und die türkische Bevölkerung die Tatsache respektieren, "dass die Hagia Sophia nicht nur ein Erbe einer bestimmten ethnischen, religiösen oder anderen Gruppe ist, sondern ein Erbe aller Menschen auf der Welt, für die der uneingeschränkte Zugang zur Hagia Sophia gewährleistet sein muss".
Die Hagia Sophia gelte allgemein als eines der wichtigsten Gebäude in der Geschichte der Architektur sowie der Religionsgeschichte und der Weltgeschichte insgesamt, hieß es weiter. Ihre Öffnung für das Gebet stehe nicht im Widerspruch zu ihrem Welterbestatus, sondern könne eine ergänzende Aktivität sein, solange das Gebäude selbst und seine universellen Werte nicht beeinträchtigt würden.
Die Hagia Sophia wurde als "Kirche der göttlichen Weisheit" im Jahr 537 geweiht und war fast ein Jahrtausend lang die christliche Hauptkirche Konstantinopels. Als die Osmanen 1453 die Stadt eroberten, wurde sie zur Moschee umfunktioniert. 1935 wurde sie in ein Museum umgewandelt. Das Gebäude ist als Teil der Altstadt von Istanbul seit 1985 Unesco-Weltkulturerbe. Sowohl Christen als auch Muslime erheben Anspruch auf die ehemalige Kirche.