Hannover (epd). Die niedersächsische Sozialministerin Carola Reimann (SPD) hat schockiert auf mutmaßliche Misshandlungen von Bewohnern eines Pflegeheims in Celle reagiert. Zudem kündigte sie eine Beschwerdestelle für die Pflege an. "Ich bin entsetzt über diese Vorfälle und erwarte eine lückenlose Aufklärung", sagte Reimann am Dienstag in Hannover.
Die Lage von Pflegebedürftigen dürfe nicht ausgenutzt werden: "Sie dürfen weder Gewalt, Vernachlässigung noch finanzieller Ausbeutung ausgesetzt sein", betonte Reimann.
Am Montag hatte zunächst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass Bewohner des Heims teilweise grob misshandelt worden sein sollen. Senioren seien unter anderem ganze Nächte lang mit Decken so fixiert worden, dass sie sich nicht bewegen konnten. Einem beinamputierten Mann sei vom Personal Hilfe beim Toilettengang verweigert worden.
Reimann kündigte an, Niedersachsen werde ein Whistleblowing-System in der Pflege einführen. Pflegekräfte sowie Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollten künftig Missstände oder Anhaltspunkte für Gefährdungen an eine Beschwerdestelle melden können - bei Bedarf auch anonym. Die Stelle solle im Sozialministerium angesiedelt werden. "Allerdings dürfen wir die Pflegekräfte in Niedersachen auch nicht unter Generalverdacht stellen", sagte Reimann. Allein in Niedersachsen leisteten mehr als 130.000 Frauen und Männer einen sehr wichtigen Einsatz.
Das Sozialministerium wurde nach eigenen Angaben am 18. Juni durch die Pflegekammer Niedersachsen über eine anonyme Beschwerde zu den Vorfällen in dem Celler Heim in Kenntnis gesetzt. Ermittlungen der Heimaufsichtsbehörde hätten ergeben, dass es in der Vergangenheit in mindestens einem belegbaren Fall zu erheblichen Verfehlungen gekommen sei. Bei der Staatsanwaltschaft sei ein Verfahren gegen die von dem Verdacht betroffenen Beschäftigten anhängig. Die Geschäftsführerin des privaten Heimbetreibers hatte zuvor erklärt, sie habe wegen der Vorfälle bereits Mitte Mai drei Pflegekräfte entlassen und zudem Strafanzeige gegen sie gestellt.