Berlin (epd). Die Gewaltschutzambulanz der Berliner Charité verzeichnet in der Corona-Krise mehr Fälle schwerer häuslicher Gewalt. "Wir haben seit Beginn der Kontaktbeschränkungen Mitte März eigentlich fast nur noch schwere Fälle. Doch nach Ostern gab es noch einmal einen sprunghaften Anstieg", sagte die stellvertretende Leiterin der Berliner Gewaltschutzambulanz, Saskia Etzold, der "Berliner Zeitung" (Dienstag). Es seien überwiegend Frauen, die in die Einrichtung kämen.
Die Opfer hätten häufig Verletzungen, die durch stumpfe Gewalt verursacht wurden, wie etwa Würgemale oder Mittelgesichtsbrüche. "Es sind Verletzungen, bei denen wir immer eine potenzielle Lebensgefahr diagnostizieren, und die häufig auch medizinisch versorgt werden müssen", sagte die Fachärztin am Institut für Rechtsmedizin der Charité.
Die Zunahme von Fällen schwerer häuslicher Gewalt begründete die Medizinerin mit den Kontaktbeschränkungen in der Coronavirus-Pandemie: "Man könnte ganz böse sagen: Weil die Leute zusätzlich zu den sonstigen Einschränkungen noch einmal vier Tage länger aufeinander gehockt haben. Auch zu Nicht-Corona-Zeiten hatten wir nach Feiertagen immer mehr zu tun, als zu normalen Zeiten."
Das Ausmaß der häuslichen Gewalt werde aber wohl erst nach dem Ende der Corona-Krise sichtbar, sagte die Ärztin. Zu befürchten sei, dass dann auch viele misshandelte Kinder in die Ambulanz gebracht werden. Durch die Kontaktbeschränkungen gebe es aktuell keine soziale Kontrolle etwa durch Kitas und Schulen. "Jetzt bleibt es noch in den eigenen vier Wänden verborgen, wenn Eltern ihre Kinder schlagen", sagte Etzold.