Karslruhe (epd). Das unterbliebene Zusammenleben von Eheleuten führt nicht zu geringeren ehelichen Pflichten. Auch wenn Eheleute noch nie einen gemeinsamen Haushalt hatten und die Ehe nie vollzogen haben, kann Trennungsunterhalt beansprucht werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: XII ZB 358/19)
Im Streitfall hatte die getrennt lebende, verheiratete Antragstellerin von ihrem Ehemann Trennungsunterhalt verlangt. Die Ehe war von den Eltern des Paares, das einen indischen kulturellen Hintergrund hat, arrangiert worden. Während die Frau in Frankfurt am Main bei einer Bank arbeitete, arbeitete der Ehemann als Wertpapierhändler in Paris. Spätestens ein Jahr nach der Eheschließung kam es im August 2018 zur Trennung.
Der Ehemann lehnte die Zahlung von Trennungsunterhalt ab. Sie hätten nie zusammengelebt. Beide hätte über eigene Konten verfügt. Es sei nicht gemeinsam gewirtschaftet worden. Die Ehe sei noch nicht einmal vollzogen worden.
Die Frau verwies dagegen auf regelmäßige Besuche. Sie hätten ein "ganz normales Eheleben" geführt. Auf Sex habe sie wegen medizinischer Probleme ihres Mannes verzichtet.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main sprach der Frau Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 1.320 Euro zu. Nach der Scheidung gebe es gegebenenfalls einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.
Dies sah auch der BGH so. Für den Anspruch auf Trennungsunterhalt komme es nicht darauf an, ob das Paar in häuslicher Gemeinschaft gelebt oder sie ihre Einkünfte für eine gemeinsame Lebensführung verwendet haben. Mit der Eheschließung sei nach dem Gesetz ein Anspruch auf Familienunterhalt entstanden. Eheleute könnten noch nicht einmal wirksam vereinbaren, auf den Trennungsunterhalt zu verzichten. Es gebe keine "nur formell bestehende Ehe mit anderen (verminderten) als den gesetzlichen Rechen und Pflichten", betonte der BGH.