Genf (epd). Die Impfallianz Gavi fordert einen weltweit gleichberechtigten Zugang zu einem Corona-Impfstoff. Nach der Entwicklung dürfe dieser nicht nur wohlhabenden Ländern zur Verfügung stehen, sagte der Gavi-Vorstandsvorsitzende Seth Berkley am Mittwoch in einer Videokonferenz. Ein Corona-Impfstoff müsse als globales Gemeingut allen Menschen zur Verfügung stehen und dürfe erst nach der Krise mit Profit verkauft werden. Dafür sei ein großes Maß an politischer Koordination nötig, das letztlich allen zugute komme, sagte er. So müsse nach dem medizinischen Personal womöglich zunächst dort geimpft werden, wo Ausbrüche außer Kontrolle geraten seien, um mögliche Mutationen zu verhindern.
Berkley lobte die Zusage von Pharmaunternehmen weltweit, einen Corona-Impfstoff gemeinsam herzustellen. Sobald klar sei, welche Impfstoffe wirkten, würden alle verfügbaren Produktionskapazitäten benötigt. Ziel sei, dass in kurzer Zeit genug Impfstoff für alle zur Verfügung stehe. Berkley kündigte zudem an, dass Gavi seine Infrastruktur zur Verteilung des Impfstoffs vor Ort zur Verfügung zu stellen. Seit der Gründung im Jahr 2000 hat die Allianz nach eigenen Angaben über 760 Millionen Kinder in mehr als 70 Ländern geimpft.
Wie lange die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs braucht, ist Berkley zufolge offen. Er gehe derzeit von zwischen 12 und 18 Monaten aus, schlimmstenfalls könne es aber auch sein, dass gar kein Impfstoff gefunden werde. Derzeit befinden sich laut Weltgesundheitsorganisation WHO mehr als 70 Kandidaten in der Entwicklung. Zu ihnen gehören auch mRNA-Impfstoffe, wie sie seit Mittwoch in Deutschland klinisch geprüft werden. Deren Entwicklung sei zwar außergewöhnlich schnell, sagte Berkley. Allerdings sei es bei anderen mRNA-Impfstoffen nicht gelungen, die nötige Immunreaktion hervorzurufen. Zudem könne die Zulassung Zeit in Anspruch nehmen.
Das Paul-Ehrlich-Institut hat die erste klinische Prüfung eines Impfstoffs gegen Covid-19 in Deutschland zugelassen. Das Mainzer Unternehmen Biontech erhält die Genehmigung, vier leicht unterschiedliche Wirkstoffe zu testen, wie das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel am Mittwoch in Langen bei Frankfurt am Main mitteilte. In drei bis fünf Monaten erwarte man sich Erkenntnisse, die über den weiteren Verlauf der Zulassung entscheiden werden.
Berkley warnte, vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie Impfungen gegen andere Krankheiten zu vernachlässigen. Hochrechnungen hätten ergeben, dass auf jeden vor dem Coronatod geretteten Menschen 128 Todesfälle durch andere Krankheiten kämen, sollten Impfkampagnen etwa gegen Masern, Cholera oder Polio langfristig gestoppt werden.
Gavi rechnet mit einem Bedarf von mindestens 7,4 Milliarden US-Dollar (6,8 Milliarden Euro) in den kommenden fünf Jahren, um sein bisheriges Impfprogramm fortzusetzen. Deutschland hat bereits 600 Millionen Euro zugesagt. Berkley lobte die Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), forderte sie aber zu einer weiteren Erhöhung um 100 Millionen Euro auf. Die Wiederauffüllungskonferenz von Gavi findet am 4. Juni statt.