Duisburg (epd). Das Landgericht Duisburg schlägt eine Einstellung des Loveparade-Prozesses vor. Wegen des Verbreitungsrisikos des Coronavirus könne das Verfahren nur eingeschränkt geführt werden, erklärte das Gericht am Dienstag. Unter den Beteiligten gehörten mehrere Menschen zur Risikogruppe. Derzeit sei nicht absehbar, wann die Verhandlung fortgesetzt werden könne. Anwälte von Opfern und Angehörigen kritisierten eine mögliche Einstellung des Prozesses und forderten eine Debatte des Landtages über die Konsequenzen.
Für den Fall einer Fortführung sei mit einer "erheblichen Dauer des weiteren Verfahrens zu rechnen", erklärte das Gericht. Spätestens am 27. Juli dürfte allerdings der Vorwurf der fahrlässigen Tötung verjähren. Das Gericht sehe deshalb eine "sehr geringe Wahrscheinlichkeit", den angeklagten Sachverhalt verurteilungsreif aufzuklären. Die Prozessbeteiligten werden gebeten, bis zum 20. April eine Stellungnahme zum Vorschlag des Gerichts abzugeben.
Die Kanzlei Baum Reiter & Collegen erklärte, es sei ein "weiterer schwarzer Tag" für die Opfer der Katastrophe und ihre Angehörigen. Mit einer Einstellung des Verfahrens könnten die Angeklagten wahrscheinlich nicht zu Verantwortung gezogen werden, obwohl sie nach Einschätzung des Gerichts wahrscheinlich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden wären. Die Geschädigten seien maßlos enttäuscht.
In dem im Dezember 2017 gestarteten Prozess mussten sich zunächst zehn Angeklagte unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Bei einem Gedränge auf dem Techno-Festival waren am 24. Juli 2010 in Duisburg 21 Menschen gestorben, mehr als 600 wurden verletzt.
Im Februar 2019 wurde bereits der Strafprozess gegen sieben Angeklagte ohne Auflagen eingestellt. Gegen drei weitere Mitarbeiter der Veranstalterfirma Lopavent wurde das Verfahren fortgesetzt, weil sie eine Einstellung des Prozesses abgelehnt hatten. Die Einstellung hatte die Staatsanwaltschaft damit begründet, dass das für ein Urteil erforderliche Beweisprogramm nicht bis zum Ablauf der Verjährungsfrist im Juli 2020 zu absolvieren sei. Zudem sei ein wesentliches Ziel bereits erreicht: die Aufklärung der Ursachen des Unglücks.
Nach Einschätzung des Gerichts ist die Loveparade-Katastrophe neben Planungsfehlern auf "kollektives Versagen" am Veranstaltungstag zurückzuführen. Dabei hätten unter anderem die Einrichtung einer Polizeikette auf der Rampe zum Gelände sowie Kommunikationsprobleme und Fehlentscheidungen eine Rolle gespielt.