Göttingen (epd). Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat vor einer deutlichen Zunahme von Menschenrechtsverletzungen in China aufgrund der Corona-Krise gewarnt. So seien seit Januar mehr als 900 Fälle von Verschwindenlassen, Verhaftungen, Einweisungen in Lager, erzwungenen Geständnissen und Geldstrafen in Zusammenhang mit der Krise registriert worden, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Sonntag in Göttingen. "Unter dem Vorwand der Pandemie-Bekämpfung wird auch Gehirnwäsche betrieben und die Religions- und Pressefreiheit weiter eingeschränkt", sagte Direktor Ulrich Delius.
So nutze der Staat Bewegungsdaten, die eigentlich zur Bekämpfung von Covid-19 erhoben worden seien, um Gläubige der verfolgten christlichen "Kirche des Allmächtigen Gottes" aufzuspüren und festzunehmen. Seit Januar seien mehr als hundert Christen festgenommen worden, auch mithilfe von Gesichtserkennungsprogrammen. Zudem werde digitaler Unterricht an Schulen und Universitäten genutzt, um die Menschen gegen vermeintlich "westliche Werte" wie die Menschenrechte oder die Religionsfreiheit zu indoktrinieren.
Chinas Behörden nutzten die Pandemie auch, um seit Jahren verfolgte Menschenrechtler mundtot zu machen. So sei im Februar 2020 der Demokratie-Aktivist Guo Quan erneut verhaftet worden. Der frühere Professor der Universität Nanjing war nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker erst im Jahr 2018 freigelassen worden, nachdem er eine zehnjährige Haftstrafe verbüßt hatte. Ihm werde jetzt erneut eine angebliche "Gefährdung der Staatsordnung" vorgeworfen, weil er in Online-Medien über Covid-19 berichtet hatte.