Brüssel, Straßburg (epd). Ein zehnminütiges Interview mit einem Migranten kann ausreichen, um ihn rechtmäßig abzuschieben. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag in Straßburg im Fall von sieben Afghanen. Sie waren 2014 von der Ukraine in die Slowakei gekommen und wurden nach den Interviews am selben Tag in die Ukraine zurückgebracht. Einen Verstoß gegen das Verbot der Kollektivausweisung machten die Richter demnach nicht aus. (AZ: 24917/15)
Die zehnminütigen Befragungen wurden laut Protokollen von je zwei Polizisten und einem Übersetzer durchgeführt und hätten sich teils überschnitten, stellte der Gerichtshof für Menschenrechte fest. Entscheidend sei, dass die Betroffenen die Gelegenheit gehabt hätten, wirksam ihre Gründe gegen eine Ausweisung vorzubringen.
Die Afghanen hatten den Protokollen zufolge keine Asylanträge gestellt, sondern angegeben, aus wirtschaftlichen Gründen über die Slowakei nach Deutschland zu wollen. Im Verfahren in Straßburg wurden diese Angaben laut Gerichtshof nicht widerlegt. Das mit vier zu drei Richterstimmen gefällte Urteil ist noch nicht rechtskräftig.