Als Vertreter der Landeskirche rufen Sie dazu auf, nicht die AfD zu wählen - wie politisch darf die Kirche sein?
Christian Kopp: Kirche ist politisch! Jesus, dem wir nachfolgen, ist selbst politisch aufgetreten. Er hat aus religiöser Sicht auf politische und gesellschaftliche Fehlentwicklungen hingewiesen und die Dinge immer beim Namen genannt - ob in der Geschichte vom Barmherzigen Samariter oder beim Thema Armut. Er hat immer transparent gemacht, worum es ging. Aus dieser Sicht gehen Nationalismus und Rassismus überhaupt nicht! Sie sind eine Sünde, sind gegen den Willen Gottes. Dagegen müssen wir Christen aufstehen. Sowas lässt sich mit christlichen Grundwerten nicht vereinbaren, darum dürfen wir nicht schweigen. Wer uns hier als Kirche vorwirft, zu politisch zu sein, hat nichts vom Evangelium verstanden. Bei Einzelthemen sind natürlich Experten gefragt, aber bei so grundsätzlichen Fragen wie zum Umgang mit Rechtsradikalismus müssen wir als Kirche uns äußern - und auf die unsägliche Hetze reagieren.
Es ist Ihr erster politischer Auftritt als Münchner Regionalbischof - und dann gleich Seit' an Seit' mit Ministerpräsident Markus Söder...
Kopp: Es ist großartig, dass das Bündnis diesmal so breit aufgestellt ist. Während meiner Zeit in Nürnberg war ich schon bei einigen Anti-AfD-Veranstaltungen, vor allem mit unserer Allianz gegen Rechtsextremismus. In den vergangenen Jahren ist klargeworden, dass diese Partei ein Sammelbecken für Rechtsradikale ist, und dafür muss sie haftbar gemacht werden.
Sehen Sie auch einen so klaren Zusammenhang zwischen völkischen AfD-Parolen und dem Entstehen von Gewalt?
Kopp: Es tut mir leid, dass das Auto des AfD-Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla gebrannt hat. Aber wenn er dann sagt, diese Eskalation müsse aufhören - ja, wer ist denn schuld daran? Doch natürlich müssen wir auch die sogenannten Abgehängten in den Blick nehmen. Der SZ-Journalist Heribert Prantl schrieb kürzlich in einem Kommentar zum Sterbehilfe-Urteil, es gebe auch ein "Recht auf Leben". Das bedeutet: ein Leben mit genug Einkommen, genug Rente, einer bezahlbaren Wohnung. Auch diese Fragen müssen politisch geklärt werden. Wir müssen besser auf die schauen, die ihre Autonomie nicht selbst schützen können. Das heißt, wir müssen auch weiterhin mit AfD-Wählern ins Gespräch kommen. Aber die Demo soll Menschen wachrütteln, die sich noch nicht entschieden haben. Es muss klar gesagt werden: Wer die AfD wählt, der wählt rechtsradikal - nicht nur in Thüringen, sondern auch in Bayern. Wenn die AfD gegen die "Altparteien" oder "Systemparteien" hetzt, dann sage ich: Aber das sind meine Parteien! Die will ich bewahren. Ich halte die Demokratie für das bestmögliche System und will sie bis zum letzten Atemzug verteidigen.