Mainz (epd). Vor Beginn der Frühjahrs-Vollversammlung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz in Mainz haben kirchliche Reformgruppen verbindliche Entschädigungszahlen für Missbrauchsopfer und die Öffnung aller Ämter für Frauen angemahnt. Die "reichste Kirche der Welt" müsse endlich eine Lösung finden, forderte am Montag Matthias Katsch, Sprecher der Betroffenenorganisation "Eckiger Tisch". Es gehe dabei um mehr als eine bloße "Anerkennung" des zugefügten Leids. Sollten die Bischöfe sich auch weiterhin verweigern, könnten die Opfer auch zu radikaleren Formen greifen, um ihren Unmut kundzutun.
"Wir haben bislang auf Respekt vor den Gläubigen darauf verzichtet, Gottesdienste zu stören", deutete Katsch an, um welche Protestformen es dabei gehen könnte. Sylvia Witte, die Vorsitzende der Betroffenen-Initiative "MoJoRed", rief die an Reformen interessierten katholischen Kirchenmitglieder auf, einen "Austritt auf Zeit" zu prüfen.
Die Reform- und Opferinitiativen, die in Mainz zu einer gemeinsamen Pressekonferenz eingeladen hatten, forderten die Bischöfe auf, die Mehrheit der Basis endlich ernst zu nehmen. In den Gemeinden herrsche eine wachsende Wut und Verzweiflung, sagte Edeltraud Hann vom Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB): "Wir Frauen sind nicht Christen zweiter Klasse." Die Enttäuschung sei besonders bei älteren Frauen groß, die schon lange vergeblich auf Veränderungen gehofft hätten. Die jüngeren hätten dagegen meist jedes Interesse an der katholischen Kirche verloren. Alle kirchlichen Ämter müssten endlich auch für Frauen geöffnet werden.
Bei der Frage, wer als Nachfolger von Kardinal Reinhard Marx künftig den Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz übernehmen solle, haben die Reformgruppen keinen eindeutigen Wunschkandidaten. "Der Vorsitzende muss mit Kirchenvolk, Öffentlichkeit und Rom kommunizieren können", erklärte Christian Weisner von der Bewegung "Wir sind Kirche". Wichtig sei vor allem, dass die Reformdebatte des "Synodalen Wegs" in der von Marx angestoßenen Form fortgesetzt werde.
Unmittelbar vor Beginn der Bischofskonferenz übergaben die katholischen Frauenverbände den Bischöfen mehr als 130.000 Unterschriften für eine "geschlechtergerechte und glaubwürdige Kirche".