In Kiel ist am Donnerstag das kirchliche Flüchtlingsschiff auf den Namen "Sea-Watch 4" getauft worden. Es soll vor der Küste Libyens Flüchtlinge vor dem Ertrinken retten. Es sei ein "krasses Zeichen", dass hier Menschen in Gefahr konkret geholfen werden könne, sagte Taufpatin Aminata Touré (Grüne), Vizepräsidentin des schleswig-holsteinischen Landtags, deren Eltern aus Mali geflüchtet waren. Der neue Name des Schiffes, das bislang "Poseidon" hieß, war lange geheim gehalten worden. Es wird künftig von der Rettungsorganisation Sea-Watch betrieben.
Finanziert wurde das Schiff vom Bündnis "United4Rescue", das maßgeblich von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiiert wurde. Die "Poseidon" war zuletzt vom Kieler Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung als Forschungsschiff genutzt worden. Für 1,5 Millionen Euro hatte "United4Rescue" das Schiff ersteigert. Etwa 500.000 Euro kosten die Umbauten und der Transport ins Mittelmeer. Mit der Taufe wurde das Schiff offiziell an "Sea-Watch übergeben.
Die "Sea-Watch 4" ist wesentlich größer als die "Sea-Watch 3", die derzeit im Mittelmeer kreuzt. Etwa 300 Flüchtlinge könne das Schiff im Normalfall unterbringen, sagte Johannes Bayer, Vorstandsvorsitzender von Sea-Watch. Bei akuten Notfällen könnten es für kurze Zeit aber auch bis zu 900 sein. 26 feste und ehrenamtliche Mitarbeiter aus mehreren europäischen Ländern sind auf den jeweils vierwöchigen Einsätzen dabei.
Etwa drei Tage lang wird das neue Schiff noch am Kieler Geomar Zentrum umgebaut, dann wird es für weitere Arbeiten in den spanischen Hafen Burriana überführt. Es wird unter anderem ein Schutzbereich mit 24 Betten speziell für Frauen und Kinder eingebaut.
Die Krankenstation umfasst zwei Behandlungsplätze. Für typische Behandlungen sei man vorbereitet, sagte der Berliner Arzt Jan Schill. Die Flüchtlinge seien häufig dehydriert, hätten Wunden von der Bootstour oder Verätzungen durch Kraftstoffe. Eine ärztliche Versorgung wie etwa auf Kreuzfahrtschiffen sei hier aber nicht möglich.
Den kirchlichen Segen erhielt das neue Schiff bei kaltem Nieselregen vom EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm. Mit dem Flüchtlingsschiff werde die Flüchtlingspolitik der EU nicht gelöst, sagte der bayerische Landesbischof. Es sei eine akute Nothilfe. "Man kann Menschen nicht ertrinken lassen. Punkt!" Bleibende Aufgabe von Kirche und Diakonie sei es, Menschen in ihren afrikanischen Heimatländern eine Perspektive zu erarbeiten.
Für viele Menschen sei die "Sea-Watch 4" ein "Schiff ihres Herzens", sagte Bedford-Strohm. Die Unterstützung für das Projekt komme aus der Mitte der Gesellschaft. Er habe bei der Vorstellung des Projekts mit harter Kritik und einem Shit-Storm in den sozialen Medien gerechnet. Er sei völlig überrascht, denn stattdessen habe er einen "Love-Storm" erlebt.